Duisburg Den zerstrittenen Grünen den Rücken gekehrt

Duisburg · Nächste Runde im Streit der Grünen mit sich selbst: Ralf Welters, Mitglied in verschiedenen Führungszirkeln bzw. Arbeitsgruppen der Bündnispartei, hat die Grünen verlassen. Durchaus nicht ganz unschuldig an den Querelen, zieht er selbstkritisch Bilanz. Er habe sich zu seinem Bedauern verleiten lassen, sich an den Machkämpfen zu beteiligen. Heute wisse er, dass sein Handeln in dem politischen Lager, dem er sich angeschlossen habe, "geprägt war vom ständigen Misstrauen gegenüber den Mitgliedern der anderen Seite", schreibt er.

Seit Jahren schwelt der parteiinterne Konflikt, für den auf der einen Seite unter anderem Parteisprecher Matthias Schneider und Grünen-Ratsfrau Claudia Leiße stehen und auf der anderen die beiden langjährigen Ratsmitglieder Doris Janicki und Prof. Dr. Dieer Kantel. Beide Lager scheinen unversöhnlich zu sein, haben sogar schon die Parteiengerichte beschäftigt und liefern sich immer wieder aufs Neue wortreiche Gefechte. Bei der jüngsten Gesamtfraktionssitzung eskalierte wie berichtet der Streit. Da wurde Kritikern laut Protokoll entgegengehalten, sie sollten "die Schnauze halten", da wurden offene einzelne Mitglieder persönlich angefeindet, da wurden verklausulierte Morddrohungen ausgesprochen. Es ging so hoch her, dass Treffen schließlich beendet wurde, wohl, um schlimmeres zu verhindern.

Bei Wahlparteitagen seien Mitglieder "gekauft" worden, es würden Lügen verbreitet, und es gäbe Versuche, durch Neuaufnahmen die Machtverhältnisse entscheidend zu beeinflussen - behaupten Mitglieder. Den Beweis hat allerdings bislang keiner antreten können. Um so überraschender ist da die schriftliche Erklärung von Welters, der zu dem Schneider-Leiße-Flügel gezählt wird bzw. wurde. Er selbst schreibt in seinem Brief von erkauften Mehrheiten, von fragwürdiger und anrüchiger Neu-Mitgliedergewinnung, von der "feindlichen Übernahme" eines Ortsverbandes. Mitglieder, die sich nun einem neuen Demokratieverständnis verschrieben hätten und für einen neuen, transparenten Politikstil stehen wollen, täten jetzt genau das Gegenteil. Der Politikstil sei von oben nach unten, gespickt mit Machtinteressen einzelner. Abzulesen sei dies unter anderem im Grünen-Wahlprogramm, in dem von Arbeitsgruppen erarbeitete Passagen selbgefällig und eigenmächtig gekürzt worden seien. Verantwortlich dafür macht Welter Mitglieder der Parteispitze. "Ich wünsche euch viel Kraft in der Bewältigung dieser internen Streitigkeiten und beim Brückenbau der zur Zeit unüberbrückbaren innerparteilichen Gräben", schließt er seinen Brief.

Ratsfrau Claudia Leiße zeigte sich gestern sehr unglücklich über Welters Entscheidung. "Ich glaube, er hat den Brief aus dem Bauch heraus geschrieben", sagte sie und kündigte an, noch einmal mit ihm sprechen zu wollen. "Ich habe die Hoffnung, dass ich ihn überzeugen und dazu bewegen kann, das Ganze zu vergessen und seine Entscheidung zurückzunehmen. Wir werden einen Weg finden."

(RP)
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