Duisburg Der Festival-Lichtblick im November

Duisburg · "Die Duisburger Filmwoche ist das bedeutendste deutschsprachige Dokumentarfilm-Festival", sagte bei der Eröffnung im Filmforum die neue Kulturministerin Christina Kampmann. RP-Jury lobt wieder Publikumspreis aus.

 Die RP-Jury nahm am Montagabend ihre Arbeit auf (v.l.): Annegret Deupmann, Rosa Menges, Petra Müller, Till Wefelnberg, (RP Events), Marianne Neumann, RP-Redakteur Peter Klucken und Lars Henriksson.

Die RP-Jury nahm am Montagabend ihre Arbeit auf (v.l.): Annegret Deupmann, Rosa Menges, Petra Müller, Till Wefelnberg, (RP Events), Marianne Neumann, RP-Redakteur Peter Klucken und Lars Henriksson.

Foto: andreas probst

Viel Rückendeckung bekam der Leiter der Duisburger Filmwoche, Werner Ruzicka, bei der Eröffnung des Festivals im vollbesetzten Filmforum. NRW-Kulturministerin Christina Kampmann, seit vier Wochen im Amt, sagte bei ihrer recht schwungvollen Ansprache einen Satz, der die Augen vieler leuchten ließ: "Die Duisburger Filmwoche ist seit fast 40 Jahren das bedeutendste deutschsprachige Dokumentarfilmfestival." Mit den anspruchsvollen Dokumentarfilmen, die von einer Auswahlkommission ins Duisburger Programm gehoben werden, könnten sich die Zuschauer ein "Bild von der Welt machen, das tiefer geht als die tägliche Bilderflut".

Werner Ruzicka dankte natürlich der jungen Ministerin für diese Worte und dafür, dass das Land die Filmwoche mit rund 170.000 Euro unterstützt. Allerdings mahnte er an, die finanzielle Unterstützung "zu expandieren", da viele Filmwochen-Mitarbeiter unterhalb der Ausbeutungsgrenze bezahlt würden. Ruzicka zeigte sich im Übrigen erfreut darüber, dass der Duisburger Kulturdezernent Thomas Krützberg angekündigt hatte, die Filmwoche von Seiten der Stadt auch künftig zu unterstützen. Krützberg bezeichnete die Duisburger Filmwoche als ein Festival mit internationaler Ausstrahlung und als "Lichtblick im November".

Nach den ermunternden Ansprachen wurde am späten Montagabend dann der Auftaktfilm gezeigt: "Arlette - Mut ist ein Muskel" des 28-jährigen Berliner Dokumentarfilmers Florian Hoffmann. Im Mittelpunkt steht ein Mädchen aus Zentralafrika, eben Arlette. Arlette wurde bei einem Bürgerkrieg schwer verletzt. Das Bild des vor Schmerz schreienden zwölfjährigen Mädchens hatte Florian Hoffmann seinerzeit für einen Dokumentarfilm festgehalten, den ein Berliner Lehrerehepaar sah, das daraufhin eine Hilfsaktion für Arlette startete. Dank dieser Initiative konnte Arlette in der Berliner Charité operiert werden. Und Florian Hoffmann begleitete Arlette beim Abschied von ihrer Familie in Afrika, beim Aufenthalt im Krankenhaus, der anschließenden Reha und auch danach, als Arlette wegen erneuter Unruhen in ihre Heimat zunächst nicht zurückkehren konnte und unter unsäglichem Heimweh leidet.

Die Dokumentation bringt uns Arlette sehr nahe. Und fast unmerklich spürt man als Zuschauer, dass der Dokumentarfilmer mehr ist als ein Beobachter, der für andere, meist ein anonymes Publikum, einen Film dreht. Bezeichnend, wie in einer Szene die tröstende Hand eines Filmteam-Mitglieds, das selber nicht sichtbar ist, die schluchzende Arlette tröstet. "Arlette - Mut ist ein Muskel" ist eine Dokumentation, die auf eindrucksvolle Weise unsere Anteilnahme herausfordert. Mittlerweile ist Arlette wieder in ihrer Heimat. Die Filmemacher halten zu ihr und ihrer Familie Kontakt.

Der erste 3D-Film in der mittlerweile 39-jährigen Filmwochen-Geschichte war gestern Vormittag zu sehen: Die 163 Minuten lange Dokumentation "Iraqi Odyssey" des nun in der Schweiz lebenden Regisseurs Sami, der 1955 in Bagdad geboren wurde. Samir, der seit den 80er Jahren als Regisseur für Film und Theater arbeitet und gelegentlich auch als Produzent tätig ist, unternimmt in seinem jüngsten Film eine Art großangelegte Familienzusammenführung. Dabei reiste er in alle Kontinente, um die verstreut lebenden Familienmitglieder zu interviewen. Mehr und mehr kommen die Familienmitglieder auf den Grund ihrer Auswanderung zu sprechen: der Krieg und das Terrorregime im Irak. Dabei sorgt die 3D-Technik für eine besondere Wirkung, weil die Interviewpartner vor dem Hintergrund von Landschafts- und Städtebildern dem Zuschauer fast physisch zu begegnen scheinen. Nahezu unerträglich, aber wohl unerlässlich sind die offenbar heimlich gefilmten Folterszenen und die Bilder von Kriegsopfern.

Die Filmwoche hatte einen starken Auftakt. Wie in den vergangenen Jahren lobt die RP wieder einen Publikumspreis für den beliebtesten Film des Festivals aus, der von einer Leserjury gewählt wird.

www.duisburger-filmwoche.de

(pk)
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