Duisburg Der NSU-Prozess als künstlerische Kollaboration

Duisburg · Der EarPort in Duisburg und das Schlosstheater Moers beschäftigen sich mit einem dunklen Kapitel der Gegenwart.

 Szene aus der Moerser "Frequenzen"-Aufführung mit Frank Wickermann und Gerhard Stäbler (unten), die am kommenden Mittwoch im Duisburger EarPort am Innenhafen fortgesetzt wird.

Szene aus der Moerser "Frequenzen"-Aufführung mit Frank Wickermann und Gerhard Stäbler (unten), die am kommenden Mittwoch im Duisburger EarPort am Innenhafen fortgesetzt wird.

Foto: helmut Berns (schlosstheater moers)

Einen Tag nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen Beate Zschäpe und andere im sogenannten "NSU-Prozess" am Oberlandesgericht München und den dazugehörigen Morden der rechtsextremen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" setzen das Schlosstheater Moers (STM) und EarPort Duisburg ihre künstlerische Zusammenarbeit mit der Aufführung "Frequenzen I: 351ff" am Mittwoch, 11. Januar, um 19.30 Uhr, bei EarPort im Duisburger Innenhafen fort (Anschrift: Philosophenweg 17 A, 47051 Duisburg). "Der Titel '351ff' steht für die Anzahl der Tage, die der Gerichtsprozess um die zehnjährige NSU-Terrorserie bereits andauert und der das Ausmaß rechter Gewalttaten in Deutschland aufzeigt", sagte STM-Intendant Ulrich Greb gestern in Duisburg bei der Vorstellung der mittlerweile dritten Ausgabe dieser künstlerischen Koproduktion.

Nach der Premiere von "233ff" im Oktober 2015 im Moerser Peschkenhaus und der zweiten Staffel "291ff" im Oktober 2016 in Würzburg, ist "351ff" die dritte Weiter- und Fortschreibung dieses außergewöhnlichen Musik-Theater-Projektes.

Die Texte seien überwiegend den realen Münchner Prozessprotokollen entnommen, angereichert durch Zitate aus der medialen Berichterstattung, durch Auszüge von Protokollen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages sowie durch Textpassagen aus einem Internet-Blog der Nebenkläger, hob Greb den dokumentarischen Anspruch der Inszenierung hervor.

Der Aufführungstext sei kein Plädoyer für die Opfer, sondern gehe Ungereimtheiten beim damaligen Ermittlungs- und jetzigen Strafverfahren nach und wolle das insgesamt Unfassbare deutlich machen, betonte er.

Ulrich Greb, der erneut für die szenische Einrichtung der Aufführung verantwortlich ist, sagt: "Mir ist wichtig darzustellen und zu begreifen, dass dieser Prozess keine Mordtaten von Einzeltätern verhandelt, sondern die Spitze eines Eisbergs rechter Gesinnung aufzeigt." Dazu wird ein längerer Zeitblock in der etwa anderthalbstündigen Aufführung 184 Mordopfer rechter Gewalt in Deutschland als reales Zeitdokument auflisten.

Diesem unsagbaren Ausmaß an Gewalt stehen die Musik und die Performance der Duisburger Gerhard Stäbler und Kunsu Shim als Ruhe- und Hoffnungspunkt gegenüber. "Die Musik illustriert nicht den Text und seine Sprache, sondern greift Emotionen auf und soll Hoffnung zeigen. Es gibt schließlich ein danach ...", lautet Gerhard Stäblers Botschaft. Und Kunsu Shim ergänzt: "Das Publikum soll mit seiner Wut und seiner Ohnmacht nicht allein gelassen werden. Deshalb setzen wir mit unseren Kompositionen der Realität eine emotionale solidarische Gegenwelt entgegen."

Neben Gerhard Stäbler und Kunsu Shim sind die Schauspieler Patrick Dollas und Frank Wickermann vom Schlosstheater Moers zu sehen. Die Eintrittskarten kosten zwölf Euro, ermäßigt sieben Euro, und sind unter der Telefonnummer 02841/8834110 im Vorverkauf erhältlich. Weitere Informationen unter "http://www.schlosstheater-moers.de" oder "http://www.earport.de" .

(RP)
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