Duisburg Der steinige Weg der Integration

Duisburg · Nicht nur Kriegsflüchtlinge strömen ins Land. Nach Duisburg kommen vor allem Rumänen und Bulgaren, die sich schlecht integrieren. Ein Problem, dessen Lösung viel Geduld braucht, wie Beigeordneter Thomas Krützberg sagt.

 Dezernent Thomas Krützberg erläutert im Gespräch mit RP-Redakteurin Carolin Skiba, wie die Arbeit mit Zuwanderern in Duisburg funktioniert.

Dezernent Thomas Krützberg erläutert im Gespräch mit RP-Redakteurin Carolin Skiba, wie die Arbeit mit Zuwanderern in Duisburg funktioniert.

Foto: crei

Die Integration von Asylsuchenden stellt seit Beginn der Flüchtlingswelle eine große Herausforderung für Städte und Kommunen dar. Über entsprechende Angebote zur Integration sind Geflüchtete meist dankbar. Nicht ganz so einfach gestaltet es sich mit einer anderen Welle von Zuwanderern, die einen weit größeren Teil der Duisburger Gesellschaft ausmacht, als die sechseinhalbtausend Kriegsflüchtlinge.

"Rund 16.000 Menschen aus Bulgarien und Rumänien leben in Duisburg", sagt Thomas Krützberg, Dezernent für Familie, Bildung und Kultur. Und es werden jeden Monat 400 bis 500 mehr. Krützberg: "Duisburg ist ein Hotspot für diese Zuwanderer." Das liege daran, dass es viel leerstehenden und preisgünstigen Wohnraum gebe. Immer mit dabei: zahlreiche Kinder im Kindergarten- und schulpflichtigen Alter.

 Unterricht in einer Seiteneinsteigerklasse: Ohne Bildung kann es mit der Integration nicht gelingen.

Unterricht in einer Seiteneinsteigerklasse: Ohne Bildung kann es mit der Integration nicht gelingen.

Foto: Bernd Schaller

Krützberg: "Der Kindergarten ist die erste Bildungsinstitution. Sie ist notwendig, um in die Gesellschaft integriert zu werden." Pflicht ist der Besuch allerdings nicht. Das wissen auch die Sinti- und Roma-Familien. "Sie wurden oftmals seit Generationen von der Bildungslandschaft ausgeschlossen. Sie kennen es nicht anders", sagt Krützberg. Hinzu käme, dass unser System ihnen völlig fremd sei und sie auch wenig Lust hätten, sich daran anzupassen. "Es ist nicht einfach, ihnen klarzumachen, dass wir sie aufnehmen - aber zu unseren Spielregeln."

Doch wie bewegt man Menschen dazu, sich anzupassen, wenn sie kein Interesse haben? Wie schafft man es, dass ihre Kinder nicht zu der nächsten Generation heranwächst, die am Rande der Gesellschaft lebt? Krützberg: "Fest steht: Ohne Elternarbeit ist Bildungsarbeit verlorene Arbeit." Daher müssen die Eltern mit ins Boot geholt werden.

Über Elternabende oder Sozialarbeiter, die ihnen in ihrer Sprache Tag für Tag sagen, wie wichtig es ist, dass ihre Kinder die Schule besuchen. "Wir wollen punktuell ansetzen und hoffen, dass sich die Erfolge rumsprechen." Dabei sei der Weg des geringsten Widerstandes eine Möglichkeit. "Wenn sie nicht zu uns kommen, kommen wir eben zu ihnen und bringen ihnen mobile Kindertagesangebote nach Hause", sagt der Beigeordnete.

Neben den Jüngeren gibt es aber auch Kinder, die schon im schulpflichtigen Alter sind. Und da gilt: Wer sein Kind nicht zur Schule schickt, hat mit Strafen zu rechnen. "Das Problem ist allerdings, dass ordnungspolitische Maßnahmen eine langwierige Sache sind", weiß Krützberg. Da kommen Schreiben nicht an, dann ist keiner da und so weiter. Außerdem sei es schwierig nachzuverfolgen, wer zur Schule geht und wer nicht. Schuld ist das Meldesystem.

Klar ist, dass es in Duisburg 150 internationale Vorbereitungsklassen mit 2500 Schülern gibt. 35 Prozent davon sind aus Rumänien, 15 Prozent aus Bulgarien. Doch unklar ist, wie viele Schüler nicht zur Schule gehen. Es gibt zwar ein Melderecht, aber die Familien würden innerhalb Duisburgs oft umziehen. "Die Frage ist, wie erfassen wir diese Kinder? Man könnte meinen, Meldeamt, Ordnungsamt, Schulverwaltungsamt und die Schulen hätten ein Meldesystem. Aber das ist leider nicht so." Ziel sei, dass das schulpflichtige Kind angemeldet wird und sofort nachverfolgt werden kann, wo es wohnt, welche Schule es besucht und ob es regelmäßig dort ist. Dieses Ziel wird laut Dezernent Ende des Jahres erreicht. Erst dann könne verlässlich gesagt werden, wie viele Kinder zur Schule gehen. Das andere Problem sei, dass Rumänen eine schwierige Personengruppe sind. Krützberg: "Das ist keine Diffamierung, das ist eine Tatsache." Ordnungsamt, Polizei, Wohlfahrtsverbände und Schulen, Gesundheitsamt und Jugendamt - alle würden sagen, die größte Problemgruppe seien rumänische Kinder. Mit fast allen der eben aufgezählten Institutionen habe die Stadt vor einigen Tagen zusammengesessen, um zu beraten, ob man nicht eine spezielle Unterstützungsleistung für den Schulbesuch stellen könnte. An einer Grundschule im Duisburger Norden soll nun ein besonderes Projekt gestartet werden. Ohne zusätzliche Mittel. Dazu gehört, dass neben der Lehrkraft in internationalen Schulklassen auch Sozialarbeiter, Erzieher und ehrenamtlich Tätige, die die Sprache beherrschen, vor Ort sein sollen. Damit beispielsweise auch Rückfragen beantwortet werden können, um so die Motivation aufrecht zu erhalten. "Mir geht es nicht darum, die Leute zu betüddeln, aber einen Ansatz muss man bieten, wenn man sieht, die Leute haben hier Probleme." Nur so könne es irgendwann mit der Integration klappen.

(RP)
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