Duisburg Dicke Luft bei IHK und Ministerium

Duisburg · Das Umweltministerium sieht in der Belastung der Städte mit Stickstoffdioxid das "Lufthalteproblem Nummer eins" und sieht kritisch auf die Diesel-Fahrzeuge. Die Industrie- und Handelskammer in Duisburg warnt vor Fahrverboten.

 Der Messcontainer an der Kardinal-Galen-Straße misst in Innenstadtnähe die Emissionen.

Der Messcontainer an der Kardinal-Galen-Straße misst in Innenstadtnähe die Emissionen.

Foto: Andreas Probst

Die jüngste Mitteilung des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz kann man auch als Warnruf lesen. Dort heißt es: "Die Luft in Nordrhein-Westfalens Städten ist im vorherigen Jahr kaum besser geworden. Das zeigen die Ergebnisse der Messungen zur Luftqualität 2015. Die Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid ist weiterhin zu hoch. An 56 von 128 Messpunkten lagen die Stickstoffdioxid-Werte teilweise deutlich über dem europäischen Grenzwert. Hauptverursacher der fortdauernden Überschreitungen in Innenstädten ist nachweislich der Straßenverkehr. Die Diesel-Pkw fallen hierbei besonders ins Gewicht, natürlich umso mehr mit manipulierten bzw. nur eingeschränkt funktionierenden Stickoxidminderungssystemen mit Abschalteinrichtungen." NRW-Umweltminister Johannes Remmel, vor wenigen Tagen noch Gast in Duisburg, stellt fest: "Die Belastung mit Stickstoffdioxid ist das Problem Nummer eins in der Luftreinhaltung. Stickstoffdioxid in der Luft gefährdet die Gesundheit der Menschen."

Das Problem möchte der Minister nicht auf die lange Bank schieben: Die Europäische Kommission habe gegen Deutschland ein EU-Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Deutsche Umwelthilfe habe zudem Luftreinhaltepläne in ganz Deutschland beklagt. Remmel: "Wir stehen unter erheblichem Handlungsdruck. Daher haben wir am 7. April die Sonder-Umweltministerkonferenz zum Thema 'Automobile Abgasemissionen minimieren, Luftreinhaltepolitik konsequent weiterentwickeln, Verantwortung für den Gesundheitsschutz ernst nehmen' abgehalten." Die entsprechenden Konsequenzen deutet der Minister so an: "Unsere Forderung ist, dass alle von Abschalteinrichtungen betroffenen Fahrzeuge umgehend in Einklang mit den geltenden Vorschriften gebracht werden. Außerdem brauchen wir schnellstmöglich emissionsarme und emissionsfreie Antriebe." Die Umweltminister setzten allesamt auf die Förderung der Elektromobilität. "Unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 emissionsfrei mobil zu sein", so Minister Remmel. Besonders emissionsarme Fahrzeuge sollen nach Vorschlag der Umweltminister mit einer neuen Plakette gekennzeichnet werden.

Genau an diesem Punkt setzt die Kritik der hiesigen Industrie- und Handelskammer an. Zwar gesteht auch die IHK zu, dass die Unklarheiten bei Abgaswerten dringend zu beseitigen seien, doch lehnt sie eine vom Minister angedeutete Ausweitung von Fahrverbotszonen ab, wie sie durch die erwähnte neue Plakette beschlossen würde. In der IHK-Erklärung, die sich wie eine Antwort auf das Ministerschreiben liest, heißt es: "Ginge es nach dem Willen der Umweltminister der Länder, könnte auf das Ruhrgebiet ab 2017 eine neue Welle von Fahrverboten zurollen. Nach der roten, gelben und grünen Plakette fordern die Umweltminister der Länder aktuell die Einführung einer blauen Plakette. Diese sollen Diesel-Fahrzeuge erhalten, die die so genannte Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Würden die Umweltzonen in diesem Zusammenhang von grün auf blau geschaltet, droht rund 13 Millionen Dieselfahrzeugen in Deutschland die Stilllegung."

Besonders betroffen wären dann Lkw und damit die gesamte Logistikbranche, gibt Verkehrsexperte Dr. Ansgar Kortenjann von der Niederrheinischen IHK zu bedenken.

Verbote sollten nach Meinung der IHK immer nur als letztes Mittel eingesetzt werden: "Die nur noch wenigen vorhandenen 'Schadstoff-Hotspots' sollten durch lokale, kleinräumige Maßnahmen gezielt beseitigt werden. Ein solcher 'Hotspot' kann zum Beispiel eine schlecht belüftete, enge Straßenschlucht sein, die durch ein partielles Fahrverbot entlastet werden könnte."

Die Umstellung der Umweltzonen von grün auf blau heiße nach Darstellung der IHK konkret: Der Grenzwert für Stickoxide (NOx) muss bei Dieselfahrzeugen von 180 auf 80 mg pro Kilometer sinken. Benziner liegen mit einem Grenzwert von rund 60 mg pro Kilometer noch darunter. Viele, die ein neues Fahrzeug beschaffen mussten, als die Umweltzone im Jahr 2014 von gelb auf grün umgestellt wurde, wären erneut von einem Wertverlust ihres alten Fahrzeugs betroffen und mit einer Neubeschaffung konfrontiert. Die IHK befürchtet zudem, dass eine blaue Plakette nur auf dem Papier wirkt.

(pk)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort