Duisburg Die richtige Vorsorge kann Leben retten

Duisburg · Dr. Manfred von der Ohe, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie am Helios Klinikum Duisburg, warnt vor falscher Scheu und vor unbegründeten Ängsten vor der Darmspiegelung. Am Dienstag beantwortet er am RP-Telefon Fragen.

 Am Dienstag beantwortet Dr. Manfred von der Ohe am RP-Telefon Fragen.

Am Dienstag beantwortet Dr. Manfred von der Ohe am RP-Telefon Fragen.

Foto: dpa, Patrick Pleul

Jährlich erkranken in Deutschland 73 000 Menschen an Darmkrebs, rund 28 000 sterben an den Folgen dieser Erkrankung. Darmkrebs entsteht fast ausschließlich aus zunächst gutartigen Gewebeveränderungen des Darms, den sogenannten Polypen. Je früher diese festgestellt werden, desto größer sind die Heilungschancen. "Leider sind Erkrankungen und Untersuchungen des Darmes immer noch ein Tabuthema, über das man nicht gerne spricht; dabei kann die Vorsorge Leben retten", sagt Privat-Dozent Dr. med. Manfred von der Ohe, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie am Helios Klinikum Duisburg.

Risikofaktoren Darmkrebs ist eine Tumorerkrankung, die vor allem in den Industrieländern stark zugenommen hat. Zahlreiche Studien belegen, dass das Entstehen von Darmkrebs auch mit unseren Ernährungs- und Lebensgewohnheiten zusammenhängt. Aus der langjährigen Erfahrung und Forschung über Darmkrebs kann man heute unterschiedliche Faktoren benennen, die das Risiko für Darmkrebs erhöhen. Dazu gehören ein familiäres Risiko, zunehmendes Alter, chronisch entzündliche Darmerkrankungen sowie ungesunde Ernährung und Lebensstil.

Vorsorge Im Gegensatz zu anderen Krebsarten "besteht bei Darmtumoren eine sehr gute Vorsorgemöglichkeit, da in den meisten Fällen Darmkrebs über gutartige Vorstufen im Darm entsteht", sagt Dr. von der Ohe. "Diese wachsen langsam über mindestens fünf bis zehn Jahre, bevor sie bösartig werden." Die so genannten Polypen könnten über eine vorbeugende Darmspiegelung (Koloskopie) entdeckt und dann in den allermeisten Fällen im Rahmen derselben Untersuchung entfernt werden. "Wichtiger als Darmkrebs zu heilen, ist ihn zu vermeiden", sagt der Internist.

Untersuchung Bei dieser Untersuchung wird ein schlauchartiges Untersuchungsgerät (Koloskop) in den Darm eingebracht und überträgt Bilder aus dem Darm digital auf einen Monitor. "Über Arbeitskanäle im Gerät können wir dann mit kleinen Zangen oder auch Drahtschlingen Eingriffe am Darm vornehmen", erläutert der Arzt die Vorgehensweise — also zum Beispiel Gewebe entfernen. "Wichtig ist es, dass unsere Patienten verstehen, dass diese Untersuchung für sie schmerzfrei passiert, weil sie mit einer Betäubung durchgeführt wird", sagt Dr. von der Ohe. "Wir brauchen lediglich ein wenig Mithilfe beim vorherigen Abführen." Doch auch das gehe heute sehr zügig und für den Patienten sehr schonend. "Der Aufwand ist minimal, und die Ergebnisse der Untersuchung retten möglicherweise ein Leben!"

Kostenübernahme Die Krankenkassen tragen die Kosten für diese Vorsorgeuntersuchung ab Patienten ab 55 Jahren, bei akuten Beschwerden oder unklarem Befund auch schon davor. Allerdings gehen nur zehn Prozent aller Frauen und Männer der darmkrebsgefährdeten Altersgruppe ab 50 Jahren zur Vorsorgeuntersuchung. "Das ist eindeutig zu wenig", warnt Dr. von der Ohe: "Die Sterblichkeit kann wesentlich gesenkt werden, wenn die Erkrankung im frühen Stadium erkannt wird." Die feingewebliche Untersuchung des entnommenen Gewebes vervollständigt die Vorsorgeuntersuchung des Gastroenterologen. Daraus schließt er bei Veränderungen auf das Krankheitsstadium und das Wachstumsverhalten des Tumors. Diese Informationen fließen in die weitere Planung der möglicherweise fälligen Therapien ein.

"Die Diagnose Darmkrebs ist für die Betroffenen sehr niederschmetternd, dabei sind Darmtumore gut behandelbar. Ein früh entdeckter Darmkrebs, der sich noch nicht auf das Lymphknotensystem und andere Organe ausgebreitet hat, ist heute mit chirurgischen Maßnahmen in 70 bis 95 Prozent der Fälle heilbar", sagt Prof. Dr. Carlo Aul, Chefarzt der Klinik für Onkologie am Helios Klinikum Duisburg. "Selbst in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium können moderne Therapien dazu führen, dass der Krebs für lange Zeit aufgehalten wird. Damit kann bei vielen Patienten oft über Jahre ein Leben mit guter Lebensqualität erreicht werden."

Neue Antikörper, die gegen die Gefäßversorgung oder Oberflächenstrukturen des Tumors gerichtet seien, hätten die Ergebnisse der Chemotherapie in den vergangenen Jahren weiter verbessert. "Wichtig ist auch, dass bei bestimmten Risikofaktoren, wie Befall benachbarter Lymphknoten durch den Darmkrebs, eine vorbeugende Chemotherapie durchgeführt wird, um die Heilungschance für den Patienten zu wahren." Eine recht neue Entwicklung sei , dass bei auf die Leber begrenzten Metastasen durch ein enges Zusammenspiel zwischen Onkologen und Chirurgen oft noch eine Ausheilung der Erkrankung erreicht werden könne und daher insbesondere in diesen Situationen die Beratung durch onkologisch versierte Ärzte in Anspruch genommen werden sollte.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort