Duisburg Die Steigerung bis zur Liebe Gottes

Duisburg · Das jüngste, achte Philharmonische Konzert im Theater am Marientor brachte die monumentale und anderthalbstündige Sinfonie Nr. 3 d-Moll von Gustav Mahler. Der Finalsatz klang überirdisch schön.

 Duisburgs Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi hatte die Fäden vorzüglich in der Hand.

Duisburgs Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi hatte die Fäden vorzüglich in der Hand.

Foto: Frank Heller

Eine ganze Welt in Tönen öffnete sich im jüngsten, achten Philharmonischen Konzert im Theater am Marientor (TaM). Nach zwölf Jahren gab es hier wieder einmal Mahlers monumentale und anderthalbstündige Sinfonie Nr. 3 d-Moll für riesiges Orchester mit Alt-Solo, Kinderchor und Frauenchor, komponiert 1895/96 in den Sommerferien in Steinbach am österreichischen Attersee und uraufgeführt 1902 in Krefeld. Schon alleine der erste der sechs Sätze, der zugleich die erste der beiden Abteilungen bildet, dauert gut 35 Minuten. Das Werk bildet, so der Komponist, "eine alle Stufen der Entwicklung in schrittweiser Steigerung umfassende musikalische Dichtung. Es beginnt bei der leblosen Natur und steigert sich bis zur Liebe Gottes!" Im vierten Satz, der nach gerade einmal fünf Minuten schon vorbei ist, vertont Mahler einen Text aus Friedrich Nietzsches "Also sprach Zarathustra" über Leid und Weh des Menschen, im fünften Satz auf einen Text aus der Volksliedsammlung "Des Knaben Wunderhorn" ("Es sungen drei Engel einen süßen Gesang") kommen zum Alt-Solo noch Kinder- und Frauenchor, es geht darum, dass die Übertretung der Zehn Gebote keine unüberbrückbare Trennung bedeuten muss. Das Finale, vielleicht der stärkste Teil der Sinfonie, ist dann ungewöhnlicher Weise ein langsamer Satz.

Duisburgs Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi hatte die Fäden vorzüglich in der Hand, balancierte die Sinfonie durchaus im Sinne des Komponisten halb geerdet und halb himmelstürmend, halb roh und halb fein, halb solistisch und halb kollektiv, kurz gesagt: pointiert, aber nicht übertrieben. Dass das berühmt-berüchtigte Posthorn-Solo im dritten Satz ("wie aus der Ferne") hier aus Sicherheitsgründen von einem Trompeter auf dem Flügelhorn gespielt wurde - geschenkt. Die Glocken und Kinderstimmen kamen im TaM, wie von Mahler gewünscht, "aus der Höhe", nämlich aus den oberen Logen. Die Altistin Birgit Remmert fügte die bewegende Stimme der Menschlichkeit hinzu, fast ebenso die Damen des "philharmonischen chores duisburg", einstudiert von Marcus Strümpe, und der Mädchenchor am Essener Dom, einstudiert von Raimund Wippermann.

Die Duisburger Philharmoniker stürzten sich lustvoll in die dankbare Partitur, besonders die Blechbläser konnten sich von ihrer besten Seite zeigen. Der Finalsatz klang durch alle Pulte geradezu überirdisch schön.

Als Kontrast kommt im neunten Philharmonischen Konzert am 27. und 28. April eine viel kleinere Besetzung mit dem Gastdirigenten Reinhard Goebel, denn auf dem Programm stehen Werke von Joseph Haydn und seinen Schülern: die Sinfonie c-Moll VB 148 "Symphonie funèbre" von dem "schwedischen Mozart" Joseph Martin Kraus, das Konzert für Violine (Mirjam Contzen) und Orchester Nr. 1 D-Dur von Franz Clement, die Haydn-Sinfonie Nr. 85 B-Dur "La Reine" und die Sinfonie D-Dur op. 36 von Paul Wranitzky.

Karten gibt es am einfachsten unter Tel. 0203/ 283 62 100.

(hod)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort