Duisburg Dokus für junge Leute

Duisburg · Gudrun Sommer leitet seit zehn Jahren die Kinder- und Jugendsektion der Duisburger Filmwoche. Anspruchsvolle Dokumentarfilme für junge Leute gehen von Duisburg aus international auf Reisen.

 Bei einem schwedischen Jugendfilm geht es um prügelnde Väter. Die Gespräche sind echt, die interviewten Kinder erscheinen als Zeichentrick.

Bei einem schwedischen Jugendfilm geht es um prügelnde Väter. Die Gespräche sind echt, die interviewten Kinder erscheinen als Zeichentrick.

Foto: doxs!

Gudrun Sommer (37) studierte in Graz und Bochum Philosophie und Filmwissenschaft. Seit Mitte der 90er Jahre ist sie Mitarbeiterin bei der Duisburger Filmwoche, wo sie unter anderem Mitglied der Auswahlkommission war. Vor zehn Jahren wurde "doxs!" gegründet, die Kinder- und Jugendsektion für den dokumentarischen Film als Spartenprogramm der Duisburger Filmwoche. Seit Beginn leitet Gudrun Sommer "doxs!". Mit ihr unterhielt sich Peter Klucken.

 Gudrun Sommer leitet "doxs!", die Kinder- und Jugendsektion der Duisburger Dokumentar-Filmwoche.

Gudrun Sommer leitet "doxs!", die Kinder- und Jugendsektion der Duisburger Dokumentar-Filmwoche.

Foto: ralf hohl

Wie kamen Sie auf die Idee, "doxs!" zu gründen?

Gudrun Sommer Bei der Vorbereitung der Duisburger Filmwoche, bei der ja der Dokumentarfilm im Mittelpunkt steht, kam bei uns die Diskussion auf, wie es um den Nachwuchs beim Publikum steht. Uns fiel auf, dass der dokumentarische Film in deutschen Kinos und im deutschen Fernsehen viel zu kurz kommt.

Ist es denn in anderen Ländern besser?

Gudrun Sommer Skandinavien ist traditionell eine Hochburg für dokumentarisches Arbeiten für Kinder und Jugendliche. Und damals gab es gerade in den benachbarten Niederlanden ein Modell, das gezielt die Produktion von Kinder-Dokumentarfilmen unterstützt hat. Ich habe in diesem Bereich recherchiert und bin dabei auf so gute Filme gestoßen, dass wir uns gesagt haben: So etwas muss man auch in Deutschland zeigen können. Das war im Prinzip die Geburtsstunde von "doxs!".

Wie wurde dann dieser Wunsch oder diese Erkenntnis im Rahmen der Duisburger Filmwoche umgesetzt?

Gudrun Sommer Wir haben bei der Filmstiftung NRW unsere Pläne vorgestellt, und die haben zum Glück sofort ihre Unterstützung zugesagt, das heißt die Bereitstellung eines kleinen Budgets. Nach einigen Jahren kam das Land NRW als zusätzlicher Förderer hinzu. Wir konnten dann damit beginnen, Filme zu sichten, Filme auszuwählen und deren Autoren auch, wenn möglich, einzuladen. "doxs!" war von Anfang an die Duisburger Filmwoche speziell für junge Leute.

Das Besondere der Filmwoche ist, dass im Gegensatz zu anderen Filmfestivals ausgewählte Filme nicht nur gezeigt, sondern dass auch Zeit bleibt, jeden einzelnen Film zu diskutieren. Gilt das auch für "doxs!"?

Gudrun Sommer Das gilt in jedem Fall für "doxs!", wobei das Filmgespräch mit Kindern und Jugendlichen natürlich einen stärkeren Vermittlungscharakter hat. Die Kinder und Jugendlichen, die unsere "doxs!"-Programme sehen, sehen solche künstlerischen Filme oft zum allerersten Mal; da ist es wichtig, "Brücken" anzubieten, weil die Lehrer, die die Schüler begleiten, dies nicht so ohne weiteres übernehmen können.

Welche Qualität muss ein "doxs!"-Film haben?

Gudrun Sommer Ein "doxs!"-Film muss vor allem seine Zielgruppe ernst nehmen, er darf die jungen Leute weder über- noch unterfordern. Er muss die Neugier der Kinder, ihre Freude am Sinnlichen wecken.

Gibt es spezielle "doxs!"-Themen?

Gudrun Sommer Nein. Wir glauben, dass man alle Themen Kindern und Jugendlichen vermitteln kann, wenn sie ästhetisch und formal so erzählt werden, dass sie Kinder und Jugendliche ansprechen.

Ich erinnere mich an einen skandinavischen Jugendfilm, der sich mit dem Thema Gewalt in der Familie auseinandersetzte. Man hörte im Film die wirklich geführten Interviews, statt Realbilder gab es Animation, also Zeichentrick. Können Sie sich erinnern, wie dieser Film bei der Duisburger Aufführung ankam?

Gudrun Sommer Das war der schwedische Film von Annika Ernst "I said I had a bad dream" (Ich sagte, ich hatte einen schlechten Traum). Es gab Kinder im Publikum, die sofort verstanden, dass die spezielle Mischung von Originalinterviews und Animation die Kinder im Film schützen soll; aber auch die Kinder im Publikum schützt, die das Thema aushalten müssen. Die Kinder haben auch verstanden, dass der Film etwas verändern will, zumindest, dass das Thema Gewalt nicht verschwiegen wird. Die Vorführung hat uns gezeigt, dass man auch so schwierige Themen kindgerecht aufbereiten kann.

"doxs!" beschränkt sich mittlerweile nicht nur auf die eine Filmwoche, es gibt inzwischen ein Tourneeprogramm. Wie funktioniert das?

Gudrun Sommer Wir werden seit Jahren von Institutionen und Festivals gebeten, ein Dokumentarfilmprogramm zu kuratieren. Daraus entstanden unsere "doxs!"-Pakete für Kinder und Jugendliche. Die Filme werden nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und Österreich und in vielen Goethe-Instituten weltweit gezeigt. In Duisburg sind wir das ganze Jahr über mit ausgewählten Filmen in Schulen, von der Grundschule bis zum Gymnasium, zu Gast.

(RP)
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