Duisburg Dr. Konrad Schilling: 70 Jahre voller Gedanken in Gedichte verpackt

Duisburg · Bis zuletzt war es fraglich, ob der Autor der Gedichte "Große wilde leuchtende Welt", Konrad Alexander Schilling, langjähriger städtischer Kulturdezernent, seiner Lesung am Montagabend in der Zentralbibliothek überhaupt beiwohnen könne, sagte Prof. Martin Goppelsröder in seiner Einführung. Denn bis vor wenigen Tagen hätte eine schwere Lungenentzündung dem bald (im kommenden Jahr) 90 Jahre alt Werdenden noch heftig zugesetzt. So aber waren im Rahmen einer Veranstaltung des Vereins für Literatur und Kunst Duisburg der Autor, sein Werk, der in die Veranstaltung Einführende und sechs Wort und Musik Vortragende sehr zur Freude des zahlreich anwesenden Publikums gekommen.

 Dr. Konrad Schillings lyrisches Schaffen stand im Fokus.

Dr. Konrad Schillings lyrisches Schaffen stand im Fokus.

Foto: probst

"Es handelt sich um Gedichte! Die ersten aus dem Jahre 1944 und erweitert durch eine Reihe, welche nach 2008 entstanden. Eine Lebensspanne von 70 Jahren!", zitierte der inzwischen emeritierte Professor für Malerei und Graphik an der Universität Duisburg-Essen sich selbst als Herausgeber des 2013 erschienenen Textbandes. Anfang 2014 habe es im Filmforum schon einmal eine Lesung gegeben, wies Goppelsröder hin. Doch die jetzige, im Stadtfenster, einen Tag nach Abschluss der Duisburger Akzente, deren Gründer Schilling einst war, schuf nach Ansicht von Bibliotheksdirektor Dr. Jan-Pieter Barbian, erst den angemessenen Rahmen dafür. Rund 35 aller 180 veröffentlichten Gedichte aus der Sammlung trugen Dr. Esther Kirchner, Rudolf Hermes, Petra Anders und Chinmayo vor, musikalisch umrahmt von Imke Ahlers, stellvertretende Solo-Oboistin bei den Duisburger Philharmonikern und Hagen-Goar Bornmann von der Folkwang Universität der Künste an der Blockflöte.

Den Anfang machte Schillings 1959 geborene Tochter, die Ärztin Dr. Esther Maria Kirchner, die 2002 und 2004 selbst zwei Märchenbücher für Kinder geschrieben hat, mit Gedichten, die einen eher familiären Hintergrund haben. Weil ihr Vater seine Eltern sehr verehrt hätte, sagte sie, habe sie zwei passende Texte dazu ausgewählt: "Für Mutters Mutter" (25.8.1948) und "Dank an den Vater" (21.12.1954). Schillings Frau Vera, Kirchners Mutter also, sind gleich mehre Verse in der Sammlung gewidmet. Das elterliche Kennenlernen 1957 beschrieb er mit dem Gedicht "Damals im Wunderland": "Damals, mitten im Wunderland/habe ich deine Spur entdeckt ...". Der Journalist Rudolf Hermes, der die 180 im Band veröffentlichten Gedichte einer gewissen thematischen Inhaltsübersicht zuführte, wählte indes Gedichte aus, die sich mit Schillings Zeit in Chile befassen und Künstler- beziehungsweise künstlerische Hintergründe aufweisen. Zu ersterem Thema las er die am 6.3.1955 in Chile entstandenen lyrischen Zeilen: "Da und dort ...". Seinem Weggefährten, dem Bildhauer Kurt Sandweg (1927-2008), schrieb Schilling das Gedicht "Für Kurt Sandweg" (17.11.2008). Und inspiriert beim Hören der Gesänge Carlo Gesualdos (1566-1613) entstand der Text "Ein stimmgewaltig Fluss/geht mir da wohl verloren ..."

Mit Petra Anders und Chinmayo lasen abschließend zwei bildende Künstler aus Duisburg jeweils neun Gedichte. Anders, die auf entsprechende Theatererfahrung zurückgreifen kann und deshalb den professionellsten Sprech- und Stimmvortrag der vier Darbietenden bot, spannte ihren ausgewählten Gedichte-Bogen von Abschiedsgedanken "Unter fruchtschweren Trauben ..." (1949) bis zu Melancholisch-Familiärem "Wie schön ist dieses Haus ..." (2013). Chinmayo schließlich begrenzte seine Textauswahl durch den jeweils ersten und letzten Text des Gedichtbandes - nämlich durch den als eine Art Prolog zu verstehenden Vers "Unsere Horizonte" (1953) und ein Haiku auf das kommende Jahr, geschrieben am 1.10.2013: "Gern geh ich/hinaus in den Garten/tanzende Blüten".

(RP)
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