Duisburg Dramatisch ist das Wort der Stunde

Duisburg · Die Gewerkschaft Verdi will am 8. Oktober mit einer breit angelegten Aktion die Duisburger wachrütteln. Weil die Stromerzeugung für die Stadtwerke zu einem Minusgeschäft geworden ist, drohen harte Einschnitte.

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Foto: rpo

Die jüngsten Nachrichten aus den großen privaten Energiekonzernen, Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen (weil sie nicht rentabel zu betreiben sind), trifft bei den Duisburger Stadtwerkern nicht auf Überraschung. Sie wissen, wie kritisch der Betrieb dieser Anlagen derzeit aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist. Noch nie hat der Versorgungs- und Verkehrskonzern zu Entlassungen gegriffen. Doch jetzt taucht dieses Schreckgespenst am Horizont auf. Das Wort "dramatisch" macht die Runde.

Betriebswirtschaftlich macht der Betrieb der beiden Stadtwerke-Kraftwerke in Hochfeld bzw. Wanheim für den Duisburger Versorgungs- und Verkehrskonzern (DVV) schon heute kaum noch Sinn. Der hier erzeugte Strom muss an der Leipziger Börse angeboten werden, wo er für weniger Geld verkauft wird, als die Erzeugung vor Ort gekostet hat. Denn regenerative Energien werden nicht nur vorrangig ins bundesdeutsche Netz eingespeist, sondern sorgen wegen der hohen Subventionierung für einen Verfall der Preise. Mehrfach, so auch bei einer Bundeskonferenz von Verdi-Betriebsräten aus dem Bereich der Kommunalen Energieversorger im Mai dieses Jahres, warnte DVV-Chef Marcus Wittig vor der sich zunehmend angespannten Lage.

Die Hoffnungen der kommunalen Stromerzeuger ist - wieder einmal -, dass die Bundesregierung bei Änderungen im Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) den Stadtwerken zur Seite springt und unter anderem die Förderrichtlinien für das umweltschonende Verfahren der Energiegewinnung aus Kraftwärmekopplung (KWK) verbessert. Mehrfach haben die kommunalen Energieerzeuger betont, dass sie an ihren Standorten neben der Versorgung auch eine hohe Fürsorgepflicht gegenüber der Stadt und ihren Bürgern zu erfüllen haben. Bislang gingen ihre Bemühungen allerdings nicht auf, so dass sie im Oktober einen erneuten Anlauf unternehmen werden.

Für diesen 8. Oktober plant Verdi parallel große Protestaktionen, so auch in Duisburg. Aufgerufen sind dann nicht nur die Stadtwerker, sondern auch die Mitglieder der anderen Gewerkschaften. Denn geht es den Stadtwerken schlecht, werden dies alle in der Stadt zu spüren bekommen, wollen sie an diesem Tag deutlich machen. Die Duisburger Stadtwerke trifft die aktuelle Preisentwicklung auf dem Energiemarkt so hart, weil sie mit ihren beiden Kraftwerken nicht nur Strom erzeugen, sondern auch das Fernwärmenetz und damit tausende von Kunden versorgen. Zwischen Erzeuger und Fernwärme-Abnehmer muss eine räumliche Nähe bestehen, weil der eingespeiste Wasserdampf bei langen Transportwegen zu sehr abkühlen würde. Die Kraftwerke ganz abschalten - das geht darum eigentlich nicht und ist nach jetzigem Stand auch nicht geplant.

Bei den Beschäftigten ist die Sorgen dennoch groß, dass auf den Konzern erstmals in seiner Geschichte Entlassungen zukommen könnten. Die Stadtwerke haben die Produktion in den Kraftwerken bereits erheblich gedrosselt, von möglichen 6000 auf nur noch 2000 Betriebsstunden. Theoretisch könnten sie Wasserdampf auch mit Reserveanlagen im Stadtgebiet erzeugen. Aber das wäre umweltschädigender als mit KWK, weil diese mit Öl betrieben werden.

Zudem wäre eine Abschaltung der Kraftwerke mit bald 200 Beschäftigten arbeitsmarktpolitisch für Duisburg eine Katastrophe - und finanzpolitisch gleichfalls. Im Haushalt des Kämmerers spielt der regelmäßige Scheck von der Bungertstaße eine wichtige Rolle. Bleibt er ganz oder auch nur zum Teil aus, droht ein finanzielles Desaster. So schwierig die Lage auf dem Energiemarkt ist, für den DVV-Konzern wird sie noch bedrückender: Der Konzern hat einen dicken Brocken vor der Brust, weil er bis 2015 das Geld für den Kauf der Steag-Anteile auftreiben muss. Bekanntlich hatte sich ein Konsortium aus mehreren Stadtwerken im Ruhrgebiet vor vier Jahren bei der Steag eingekauft.

Vor fünf Jahren hatten sich die "Kommunalen" bei dem Steag-Geschäft noch in einen Bieterwettbewerb gestürzt, an dem sich auch private Unternehmen beteiligt hatten. Denn Kohlekraftwerke hatten damals wohl noch eine Zukunft. Damals!

(RP)
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