Duisburger Bergsteiger überlebt fünf Tage in Felsspalte Dramatische Rettung in 2050 Metern Höhe

Gosau/Duisburg · Der Bergsteiger Henning K. aus Duisburg hat tagelang in einer Felsspalte überlebt. Er war am Dachstein in Österreich gestürzt. Erst nach fünf Tagen kam sein Notruf zur Polizei durch. Dass er überlebt hat, grenze an ein Wunder, sagen die Bergretter.

Duisburger in Österreich aus Felsspalte gerettet
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Es ist der 3. November, als Henning K. seinem Vater in Duisburg per SMS mitteilt, dass er am nächsten Tag zu einer Wandertour im österreichischen Dachsteingebirge aufbrechen werde. Dort macht er gerade Urlaub. Als sein Vater nach zwei Tagen nichts mehr von seinem 45 Jahre alten Sohn hört, befürchtet er das Schlimmste und gibt bei der Duisburger Polizei eine Vermisstenanzeige auf. "Wir haben daraufhin sofort unsere Kollegen in Österreich informiert", sagt eine Sprecherin der Duisburger Polizei. Die Alpinpolizei macht sich daraufhin umgehend auf die Suche nach Henning K. — und rettet ihn am Donnerstagmorgen nach fünf Tagen aus einer etwa 30 Meter tiefen Felsspalte, in die der Duisburger gestürzt war.

"Dass wir ihn retten konnten, ist nur einer Verkettung vieler glücklicher Umstände zu verdanken", sagte Michael Gruber, Einsatzleiter der alpinen Bergrettung. "Auch wenn man das Wort Wunder nicht leichtfertig in den Mund nehmen sollte, seine Rettung grenzt schon an ein solches." Als die Rettungskräfte ihn aus der Spalte ziehen, geht es K. den Umständen entsprechend gut. "Er hat wohl keine besonders schweren Verletzungen erlitten. Die Schulter und das Sprunggelenk haben etwas abbekommen; möglicherweise hat er leichte Brüche", sagt Gruber.

Im Krankenhaus wurde K. wegen seiner Verletzungen rund eineinhalb Stunden lang operiert. "Sein Glück war, dass er sich in diesem geschützten Loch befand. Er dürfte sich auch bewegt haben und nach einem Ausweg gesucht haben", sagte der zuständige Arzt Günter Huemer. "Entscheidend ist der Flüssigkeitshaushalt. Er hat da unten offenbar etwas zu trinken gehabt. Er hatte auch Flüssigkeit mit sich getragen. Ohne Nahrung kann man eine Woche durchhalten."

K.s Schwester ist auf dem Weg zu ihm. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) sagte: "Es ist eine sehr bewegende Geschichte, die zum Glück ein gutes Ende genommen hat. Mein Dank gilt den Rettern. Ich hoffe, dass der Mann schnell wieder auf die Beine und gesund und munter zurück nach Duisburg kommt." Die Stadt Duisburg bestätigte am Abend unserer Redaktion, dass K. Mitarbeiter der Stadt sei.

Tatsächlich waren die Umstände seiner Rettung dramatisch. Die Unglücksstelle liegt in rund 2050 Metern Höhe an der sogenannten Adamekhütte am Dachsteingletscher. Ein extrem unwegsames Gelände, wo in den vergangenen Tagen viel Neuschnee fiel. Seit seinem Sturz versuchte K. vergeblich, mit seinem Handy einen Notruf abzugeben. Das Netz war zu schwach. Er versuchte es aber immer wieder. Zwischenzeitlich schaltete er das Gerät aus, um den Akku zu schonen. Am Mittwochabend gelang es ihm dann erstmals, einen erfolgreichen Notruf abzugeben. "Der ging mit einer Zeit von nur Null Sekunden um 21 Uhr bei uns ein", sagt Alpinpolizist Bernhard Magritzer. Um 23 Uhr empfing die Leitstelle weitere Notrufe mit einer Dauer von jeweils ein bis zwei Sekunden, auf denen man K. atmen hören konnte. Darüber hinaus teilte er per SMS seine GPS-Koordinaten mit. "Ohne diese Nachricht wäre es nahezu unmöglich gewesen, ihn überhaupt zu finden", sagt Gruber.

Ein 20-köpfiges Team aus Bergrettern und einem Sonderteam der Alpinen-Einsatzgruppe machte sich auf die Suche nach K. — zunächst noch zu Fuß, dann wegen des Neuschnees auf Skiern. Sein tief verschneites Auto fanden sie auf einem Parkplatz am Anstieg zum Gletscher. Die Rettung gestaltete sich als schwierig und gefährlich, weil wegen des vielen Neuschnees Lawinengefahr bestand. Am Unglücksort seilte sich dann zuerst ein Sanitäter zu K. ab. Der 45-Jährige war ansprechbar und wurde dann aus seiner misslichen Lage befreit.

"Seine Bergung hat knapp eineinhalb Stunden gedauert", sagt Gruber. Der Duisburger wurde mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus geflogen. Trotz der dramatischen Umstände sei es ein Routineeinsatz gewesen, den die Bergrettung oft trainiere. Auf einen Abstieg mit dem Verletzten ins Tal verzichtete man, weil das zu gefährlich gewesen wäre und zu lange gedauert hätte. "Der größte Dank gehört aber der Duisburger Kommissarin, die die Vermisstenmeldung schnell an uns weitergegeben hat. Ohne ihr schnelles Handeln wäre die Sache wohl nicht so glücklich ausgegangen", sagt Gruber. "Der Sanitäter, der zuerst bei ihm war, hat berichtet, dass K. vor Freude Tränen in den Augen gehabt habe, als man fand." Die Ärzte meinen, er hätte auch nicht mehr viel länger durchhalten können.

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