Duisburger Ermittler Heinz Sprenger Den man Schimanski nennt

Duisburg · Heinz Sprenger hat die Duisburger Mafia-Morde aufgeklärt und viele andere Täter hinter Schloss und Riegel gebracht. Nun hat der ehemalige Leiter der Duisburger Mordkommission ein Buch über seine Fälle geschrieben.

 Heinz Sprenger.

Heinz Sprenger.

Foto: Anne Orthen

Heinz Sprenger weist den Weg, so wie er es meist sein ganzes Berufsleben über gemacht hat. Er steht auf dem Campus der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Mülheim an der Ruhr und schirmt die Augen mit der Hand ab. Die Sonne blendet. Der zweigeschossige Baucontainer gleich da drüben sei es, sagt er und geht voran, vorbei an einer Gruppe junger Polizeianwärter, die ihn grüßen. Sein Büro ist so schlicht eingerichtet wie es das Gebäude selbst ist, in dem es sich befindet. Ein Schrank, zwei Schreibtische, auf denen nicht viel mehr als die nötigsten Büro-Utensilien stehen. Bis auf einige Zeitungsartikel und Fotos an einer Pinnwand deutet nichts darauf hin, dass es der Arbeitsplatz einer Polizeilegende ist. Der 64-Jährige hängt seine Jacke über den Stuhl, setzt Kaffee auf und beginnt zu erzählen von seiner Zeit bei der Duisburger Mordkommission.

Sprenger, ein Mann von etwa 1,70 Meter mit Brille, Oberlippenbart und ergrauten Haaren, ist zu seiner aktiven Zeit einer der besten Fahnder des Landes gewesen. Die Aufklärung der Duisburger Mafiamorde, bei denen am 15. August 2007 vor der Nobel-Pizzeria "Da Bruno" am Duisburger Hauptbahnhof sechs Italiener mit 56 Schüssen hingerichtet worden sind, haben ihn über die Grenzen Deutschlands hinaus berühmt gemacht. "Hätte jemand mir zu Beginn meiner Laufbahn gesagt, ich würde einmal in einem Fall wie den Mafiamorden ermitteln, ich hätte ihn vermutlich für verrückt erklärt."

Am 15. August 2007 wurden vor der Nobel-Pizzeria "Da Bruno" am Duisburger Hauptbahnhof sechs Italiener mit 56 Schüssen hingerichtet. Die Aufklärung des Falls machte Heinz Sprenger über die Grenzen Deutschlands hinaus berühmt.

Am 15. August 2007 wurden vor der Nobel-Pizzeria "Da Bruno" am Duisburger Hauptbahnhof sechs Italiener mit 56 Schüssen hingerichtet. Die Aufklärung des Falls machte Heinz Sprenger über die Grenzen Deutschlands hinaus berühmt.

Foto: picture-alliance/ dpa

Aufgewachsen im Ruhrgebiet, zieht es ihn 1971 zur Polizei. Über zwei Jahrzehnte leitet er die Mordkommissionen in Duisburg und ist von 2002 bis 2010 Leiter des Kriminalkommissariats 11 in Duisburg, einer Gruppe von Top-Ermittlern. Manche nennen Sprenger den wahren Schimanski; ein Spitzname, gegen den er nichts einzuwenden hat. Das Buch, das er über seine Fälle als Mordermittler geschrieben hat und das am Montag erscheint, hat er so genannt - auch aus Marketingzwecken, weil es sich so wahrscheinlich besser verkaufe, räumt er ein.

Immer ehrlich, immer offen. Sprenger sagt, was Sache ist. Auch deshalb ist was Wahres dran am Vergleich mit dem Duisburger "Tatort"-Ermittler Horst Schimanski. Beide sagen geradeheraus, was sie von ihren Gegenübern halten, verstecken sich nicht hinter einem Lächeln und treten einem nicht ins Kreuz, wenn man sich umdreht. "Ich mag keine Schaumschläger, die nur heiße Luft produzieren", betont Sprenger - von denen es aber einige in seiner Laufbahn gegeben habe. Ermittler wie er und Schimanski seien Leute, die mit ihren Fällen aufstehen und wieder ins Bett gehen. "In der Zeit, in der ich Mordkommissionen geleitet habe, bin ich abends oft nur zum Schlafen heimgekommen", sagt Sprenger. Neben seinem Bett auf dem Nachttisch habe immer ein Blatt Papier und ein Stift gelegen, "weil ich wusste, ich würde nachts wach werden und an Fakten denken, die ich womöglich tagsüber außer Acht gelassen hatte."

Der Serienmörder, der zu früh starb, ein Mord ohne Leiche, der Tote im Getreidesilo - Sprengers Fälle klingen fast ausnahmslos wie Titel skandinavischer Bestseller-Krimis - und so lesen sie sich zum Teil auch. Mit dem Unterschied, dass sich tatsächlich alles so zugetragen hat. So auch der Fall des Kannibalen von Duisburg, Joachim Kroll, der mindestens acht Menschen ermordet und die Leichenteile anschließend teilweise gegessen hat.

Fast 45 Jahre jagt Sprenger Mörder, Totschläger, Drogendealer und Verbrecher aller Art. Die meisten kann er hinter Schloss und Riegel bringen, weil er seine Ermittlungsarbeit nach einer Festnahme nicht einstellt. "Grundsätzlich gilt, dass ein Polizeibeamter immer sehr gut beraten ist, wenn er seine Fälle bis zur Gerichtsverhandlung weiterdenkt", erklärt Sprenger. "Denn ich muss mir immer überlegen, welche Beweisanträge ein Verteidiger eventuell stellen könnte, um bestimmte Fakten zu widerlegen."

Viele Täter, die er hinter Gitter gebracht hat, hat er später wiedergesehen - und zwar in Freiheit. "Denn dass jemand wirklich länger als fünfzehn Jahre in Haft bleibt, stellt die absolute Ausnahme dar", sagt Sprenger. "So kommt es vor, dass aus der Haft entlassene Straftäter sich bei mir melden, um mich auf eine Tasse Kaffee einzuladen." Hin und wieder lasse er sich auf eine dieser Einladungen ein, weil er die Bemühungen der Menschen respektiere, wieder in der Gesellschaft Fuß zu fassen. "Diese Gespräche drehen sich oft um die damalige Situation - wie es also überhaupt zu der Tat gekommen ist. Meistens wird das Geschehen vom Täter als ein Fehler dargestellt, den er begangen hat."

Ende 2010 gibt Sprenger seinen Chefposten bei der Mordkommission wegen interner Differenzen auf und wechselt zur Schutzpolizei nach Mülheim an der Ruhr. Damals sagte man über diesen Wechsel, das sei so, als würde Felix Magath Trainer von Hamborn 07 werden. Sein Wissen gibt Sprenger nun an den Nachwuchs weiter. Eine Arbeit, die ihm Spaß macht. An der Fachhochschule zeigt er den Polizeianwärtern, worauf es ankommt, und lehrt, was nicht in Büchern zu finden ist - und das ist eine Menge.

(csh)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort