Duisburg
"Im Westen nichts Neues" als glitschige Theaterorgie

100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg hat Intendant Lars-Ole Walburg "Im Westen nichts Neues" am Schauspiel Hannover auf die Bühne gebracht. Todesangst und grauenvolle Verwundungen beziehungsweise Todesarten werden mit Remarques klarer Sprache erzählt. Die Bühne verwandelt sich mittels Unmengen von roter und schlammiger Farbe in den fast zwei pausenlosen Stunden allmählich von einem blütenweißen Salon in ein glitschiges Schlachtfeld.
Das weiße Klavier steht dabei für die bürgerliche Gesellschaft und ihre humanistischen Ideale, die im Ersten Weltkrieg untergingen. Genial die Szene, in welcher der Flügel den Frontsoldaten als Unterstand dient.
Die jungen Schauspieler Jonas Steglich, Dominik Maringer, Jakob Benkhofer, Nikola Fritzen und Daniel Nerlich verkörpern nicht nur mit bohrender Intensität die konkreten Rollen Paul Bäumer, Albert Kropp, Müller, Franz Kemmrich und Stanislaus Katczinsky, sie berichten auch kollektiv von der "Verlorenen Generation", die entweder im Krieg umkommt oder nach dem Krieg nicht mehr in der Gesellschaft Fuß fassen kann, weil sie im Alter von 18 bis 20 Jahren schon zuviel Grauen erlebt und dem Tod zu oft ins Auge sehen musste, um vergessen zu können.
Hinzugefügt haben die Hannoveraner Katja Gaudard als Klavier spielende Muse (in der Antike eine Tochter der Göttin der Erinnerung), der auch der letzte Satz obliegt: Kurz vor Ende des Krieges wird als Letzter der Gruppe auch der Ich-Erzähler Paul Bäumer tödlich getroffen, "an einem Tag, der so ruhig und klar war, dass der Heeresbericht sich auf einen einzigen Satz beschränkte: Im Westen nichts Neues."
Das Akzente-Gastspiel im gut gefüllten Großen Saal im Theater war ein erschütternder Höhepunkt des diesjährigen Theatertreffens. Das Publikum war gebannt und applaudierte hernach heftig.
Schreiben Sie jetzt Ihre Meinung zu:
Duisburger Akzente 2016 - Roman "Im Westen nichts Neues"
Beachten Sie dabei bitte unsere Regeln für Leserkommentare.