Kulturfestival Duisburger Akzente: "Wie fühlt sich Heimat an?"

Duisburg · Mit einer vielschichtigen Inszenierung aus Bildern, Texten und Tönen sowie zahlreichen Akteuren wurden die 36. Duisburger Akzente in der Gebläsehalle des Landschaftsparks eröffnet.

 "Der Himmel über der Ruhr" war das Motto der spektakulären Akzente-Eröffnung (im Bild: Hilmi Sözer).

"Der Himmel über der Ruhr" war das Motto der spektakulären Akzente-Eröffnung (im Bild: Hilmi Sözer).

Foto: christoph reichwein

Nachdem die Eröffnung der Duisburger Akzente im vergangenen Jahr an das Theatertreffen gekoppelt wurde, konnten die Organisatoren um Kulturdezernent Thomas Krützberg und Festivalleiter Frank Jebavy die 36. Ausgabe des renommierten Kulturfestivals wieder mit einer eigenen Eröffnungsveranstaltung starten. Der Auftakt fand am Freitagabend nach sieben Jahren Abstinenz mal wieder im Landschaftspark statt. Damals, 2008, wie heute, führten die Bonner Theatermacher Jennifer Whigham und Jens Kerbel Regie bei der Eröffnungsinszenierung.

"Lassen Sie die Akzente erneut zu dem werden, was sie sind: nämlich ein Forum für alle, die Emotionen, Fragen und Debatten - diesmal zum Thema Heimat - anstoßen wollen", forderte Oberbürgermeister Sören Link in seiner Begrüßung die geladenen Gäste des im Foyer der Gebläsehalle stattfindenden Empfangs auf. Zugleich erinnerte er daran, dass sich derzeit rund 50 Millionen Flüchtlinge weltweit aus ihrer Heimat vertrieben auf der Suche nach Sicherheit und Menschenwürde befänden.

Flucht und Vertreibung, die Suche nach Arbeit und Geborgenheit, Orte des Geborenseins und Wohnens, der Blick zurück nach vorn und in das Innere des Menschen: von alledem handelt die Auftragsproduktion der diesjährigen Akzente-Eröffnung "Der Himmel über der Ruhr". Sowohl in Anlehnung an den Wim Wenders Film "Der Himmel über Berlin" als auch an das einstige Wahlkampfmotto von Willy Brandt "Der Himmel über der Ruhr muss wieder blau werden", steht das Ruhrgebiet im Allgemeinen und Duisburg im Besonderen im Zentrum der musikalisch-theatralischen Heimatsuche des Regiegespanns Whigham/Kerbel. Auch hier wird - wie bereits im Wenders Film - die Handlung von Peter Handkes Gedicht "Lied Vom Kindsein" umrahmt, das Schauspielerin Tatjana Pasztor hier über Video einspricht.

Auf der Bühne indes tummeln sich rund 60 Mitwirkende, darunter neben Pasztor die Schauspieler Bettina Marugg, Sabine Osthoff und Hilmi Sözer, eine fünfköpfige Band um den Oberhausener Gitarristen Peter Engelhardt, sechs Kinder aus Duisburg, 28 Jugendliche des Oberstufenensembles der Lise-Meitner-Gesamtschule sowie ein Gospelchor aus Moers. Um das "Daheim" der Erzählreise zu verorten hat Gesine Kuhn die Bühne mit zig Wohnzimmer- und Tischlampen bestückt und diese am Boden mit weißen Rechtecken umrahmt. Dieses Mosaik mutet an wie das Ruhrgebiet, das aus 52 aneinandergereihten Städten und Gemeinden einst als Montanregion gegründet wurde. Passend das Thema Kohle und Stahl aufgreifend, begeben sich die Protagonisten zu Beginn der Heimatsuche mit Grubenlampen ausgestattet, auf der nach unten führenden Treppe an der Rückwand der Gebläsehalle wie in einem Bergwerkstollen in die Tiefe - und damit eintauchend in die Geschichte des Reviers.

Neben dem Handke-Text verlesen die Schauspieler Antworten von Duisburgern auf Fragen einer Postkartenaktion, die im Vorfeld durchgeführt wurde, wie beispielsweise "Was bedeutet Heimat?" oder "Wie fühlt sich Heimat an?" Gerade mit diesen Texten wird die Vielschichtigkeit des Begriffs Heimat deutlich, der neben bio- und geografischen Koordinaten auch kulturelle und soziale Perspektiven beinhaltet. "Wo gehen wir denn hin", wird nach gut einer Stunde Aufführung zum Schluss gefragt. "Immer nach Hause", wird darauf Novalis zitierend geantwortet. Und das machten vermutlich auch die meisten Besucher nach der Vorstellung.

(reife)
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