Duisburg Duisburger Filmwoche wird 40 Jahre alt

Duisburg · Vom 7. bis 13. November findet das wohl wichtigste deutschsprachige Dokumentarfilm-Festival im Filmforum statt. Dokumentationen haben auch einen Bildungsauftrag, sagt der langjährige Festival-Leiter Werner Ruzicka.

Duisburg: Duisburger Filmwoche wird 40 Jahre alt
Foto: andreas probst

In jedem Jahr steht die Duisburger Filmwoche unter einem jeweils anderen Motto, das nie als thematische Vorgabe für die Filmemacher gedacht ist, jedoch eine inspirierende Kraft haben kann. In diesem Jahr heißt das Motto "Es ist Zeit". Dieser Titel ist gewissermaßen gesetzt. Die Filmwoche feiert ein Jubiläum: Vor 40 Jahren gab es das erste Festival dieses Namens in Duisburg. Während die ersten Filmwochen noch recht unspezifische Filmtage waren, entwickelte sich das Duisburger Festival dann zu einem reinen Dokumentarfilm-Festival. Als Werner Ruzicka 1985 die Leitung übernahm, galt die Duisburger Filmwoche bereits als anerkanntes Dokumentarfilmfestival. Spätestens im Jahr 1990, als in Duisburg auch Produktionen aus Österreich und der Schweiz in den Wettbewerb aufgenommen wurden, ist die Filmwoche DAS Diskussionsforum für den künstlerischen Dokumentarfilm in Deutschland.

Im Vorwort zum druckfrischen Programmheft schreibt Werner Ruzicka: "Duisburg war und ist der Ort und Hort für den Dokumentarfilm, hatte Generationen von Autorinnen und Autoren zu Gast, zu freundschaftlicher Begegnung, zu pointierter Auseinandersetzung, zur gemeinsamen begrifflichen Anstrengung." Im Gespräch lässt Ruzicka viele Duisburger Filmwochen im geistigen Schnelldurchlauf Revue passieren. Dabei kann er deutlich machen, dass das Duisburger Festival wichtige Kapitel der jüngeren Dokumentarfilm-Geschichte spiegelt. Wer heute Dokumentationen aus den 70er Jahren anschaue, dem kämen die Menschen, die dort proträtiert werden, eigentümlich fremd vor, sagt Ruzicka. Nicht nur die Kleidung und die Frisuren von damals wirkten seltsam, die Menschen würden sich auch ganz anders geben - vor der Kamera und wohl auch im "wirklichen Leben". Und natürlich sind auch die Themen heute anders. Ob wichtiger oder unwichtiger, das könne man nicht sagen. Proteste gegen Atomkraft, Streiks und Massenkundgebungen angesichts drohender Werksschließungen seien ja keineswegs harmlos. Doch würden heute solche "Megathemen" von den Filmemachern anders umgesetzt als damals.

Hatte man sich vor 30 Jahren im Filmforum noch die Köpfe darüber heiß geredet, ob man in einer Dokumentation auch inszenieren dürfe, so würden heute "gespielte" Szenen in einer Dokumentation fast durchweg toleriert - bis zu einer gewissen, nie ganz festgezurrten Grenze. Lange Jahre trug die Filmwoche den schönen Untertitel "Bilder aus der Wirklichkeit". Eine solche Beschreibung macht heute Schwierigkeiten. Werner Ruzicka zitiert eine Frage des Philosophen Hans Blumenberg: "Was tun, wenn sich Wahrheit und Wirklichkeit aus dem Staube machen?"

Die Qualität der Filmwoche zeige sich darin, dass in Duisburg nicht nur Filme gesichtet werden, sondern dass auch über jeden einzelnen der von einer Kommission ausgewählten Filme öffentlich diskutiert wird. Ein solches Klima fördere bei den Filmemachern den Mut zum Experimentieren, sagt der Kulturschaffende. Zugleich sei das Festival auch ein Publikumsereignis. Filme, so Ruzicka, müssten auch fesseln können; Filmemacher dürften sich nicht damit begnügen, wichtige Themen aufzugreifen, ohne auf die Sogwirkung ihrer Filmdramaturgie zu achten. Natürlich dürfe eine Dokumentation auch unterhaltsam sein, dürfe Ton und Musik effektvoll einsetzen, sagt Ruzicka. Allerdings würden in Duisburg keine Dokumentationen gezeigt, die sich auf die bloße Unterhaltung beschränken. Die ausgewählten Produktionen hätten auch einen Bildungsauftrag, wenn auch keinen, der dem Kanon eines althergebrachten Schulunterrichts entsprechen würde. Die Filmwoche solle vielmehr die Besucher in eine eigentümliche Festivalatmosphäre eintauchen lassen; sie sollten sich von den Filmen einfangen lassen, eine gewisse "Trance" in Kauf nehmen und dennoch hellwach mit anderen über die Filme sprechen.

In diesem Sinne will Werner Ruzicka das Angebot der Duisburger Filmwoche verstanden wissen. Für ihn selber ist die Filmwoche eine stets willkommene Herausforderung, der er sich, trotz eines erst kürzlich überstandenen Krankenhausaufenthalts, mit Enthusiasmus stellt.

Die Duisburger Filmwoche wird am Montag, 7. November, 20 Uhr, im Filmforum eröffnet und endet am darauffolgenden Samstag, 12. November, 20 Uhr, mit der Preisverleihung. Gezeigt werden von dienstags bis samstags, ab jeweils 10 Uhr, insgesamt 27 Filme. Info unter www.duisburger-filmwoche.de

(pk)
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