Duisburger Geschichte Und Geschichten Durchbruch mit dem "Sausewind"

Serie | Duisburg · 1896 wurde Paul Bäumer, ein heute fast vergessener Flugpionier, in Meiderich geboren. Mit dem von ihm entwickelten Sportflugzeug stellte er einen Geschwindigkeits- und Höhenweltrekord auf. 1927 stürzte er über dem Kattegat ab.

Paul Bäumer (links) und sein Navigator vor dem "Sausewind" D-639 während des Deutschen Rundflugs im Jahr 1925.

Paul Bäumer (links) und sein Navigator vor dem "Sausewind" D-639 während des Deutschen Rundflugs im Jahr 1925.

Foto: Slg. Frost / ADL.

Zu Fuß, per Straßenbahn oder mit dem Fahrrad strömten am 12. September 1926 Tausende zum Fluggelände in Duisburg-Neuenkamp. Das groß angekündigte und freudig erwartete Schau-Fliegen mobilisierte die Massen. Die Faszination des Fliegens war unvergleichlich. Bei dem ersten Nachkriegsflugtag war der Duisburger Flieger Paul Bäumer der Superstar. Seine Flugschau mit der "Flamingo D 296" bot eine eigene Choreographie mit Loopings, trudelnden Scheinabstürzen und Rundflügen. Die Flugshow begeisterte die Zuschauer und die Duisburger Prominenz. Oberbürgermeister Karl Jarres ließ es sich nicht nehmen, als Passagier mit dem Starpiloten in die Lüfte zu steigen und wieder nach einem weiten Bogen über die Stadt sicher zu landen.

Der 1896 in Duisburg-Meiderich geborene Bäumer war schon als Jugendlicher von der Fliegerei fasziniert. Grenzenlose Technikbegeisterung prägte den Zeitgeist. Er erlernte 1912 das Zahntechnikerhandwerk und finanzierte damit den Erwerb der Flugzeuglizenz. Das Fliegen vor dem Krieg hatte er an der Flugschule der Duisburger Gebrüder Strack gelernt. Später wurde Bäumer erfolgreicher Militärflieger. Als Jagdpilot brachte er es im Ersten Weltkrieg auf 43 Abschüsse und erhielt den Orden "Pour le mérite ". Ein Gladiator der Lüfte.

Nach dem Krieg kehrte er nach Duisburg zurück und absolvierte ein Studium als Zahnmediziner. So konnte er die Zeit der Flugverbote überbrücken. Die Beschränkungen des Versailler Vertrages und die Ruhrbesetzung blockierten die Flugpioniere. Aber die scharfen Kontrollbestimmungen der Überwachungskommission lockerten sich allmählich und Paul Bäumer zog es wieder in die Lüfte. Seine Erfahrungen brachte er in die Verkehrsfliegerei und den Flugzeugbau ein. 1922 gründete er in Hamburg-Fuhlsbüttel die Bäumer Aero GmbH, die Flugzeuge verkaufte und Piloten ausbildete. Die Förderung des fliegerischen Nachwuchses war ihm ein Herzensanliegen. Zu seinen Schülern zählte die berühmte Kunstfliegerin Thea Rasche, die in den späten 20er-Jahren als "Flying Fräulein" weltweit Karriere machte.

Erfolgreich verlief auch Bäumers Einstieg in den Flugzeugbau. Er entwickelte mit seinen genialen Chefkonstrukteuren Walter und Siegfried Günter Sportmaschinen, die zu den besten ihrer Zeit gehörten. 1925 gelang der Durchbruch mit dem "Sausewind". Der in Rot lackierte Tiefdecker mit aerodynamischem Design war ein Meilenstein im Flugzeugbau. Erstmalig tauchte die elliptische Flügel- und Leitwerksform auf. Eine Innovation. Die Flugzeugzelle war auf minimalen Luftwiderstand ausgelegt und komplett aus Sperrholz aufgebaut. Der Dreizylinder- Sternmotor leistete 60/65 PS. Mit dem "Sausewind" stellte Bäumer Rekorde auf. 211,210 km/h Geschwindigkeits- und 6782 Meter Höhenweltrekord erreichte er mit der extra polierten "Sausewind" am 8.7.1927. Eine Woche später wollte Bäumer für die Berliner Rohrbach-Werke das Jagdflugzeug "Rofix" in Kopenhagen-Kastrup testen. Am 15. Juli stieg er zu einem Flug über dem Kattegat auf. Vielleicht unterschätzte er das Risiko. Man weiß es nicht. Die Maschine geriet ins Trudeln und stürzte ins Meer. Dabei kam Paul Bäumer ums Leben. Er wurde nur knapp 31 Jahre alt. Zu seiner Trauerfeier in Hamburg kamen 25.000 Menschen. Die Duisburger trauerten ebenfalls um einen großen Sohn der Stadt.

Unmittelbar nach seinem Tod 1927 wurde die Brückstraße in Meiderich in Paul-Bäumer-Straße umbenannt. Heute erinnert ein Denkmal im Meidericher Stadtpark an den Flieger und genialen Flugzeugkonstrukteur. Eine literarische Erinnerung findet sich auch bei dem Schriftsteller Erich Maria Remarque: Er nannte den Helden in seinem Antikriegsroman "Im Westen nichts Neues" Paul Bäumer - vielleicht in Anlehnung an den Duisburger Flugpionier?

Doch der Name Paul Bäumer ist 90 Jahre nach seinem Tod seltsam verblasst. Eine Informationstafel neben dem Denkmal im Meidericher Stadtpark ist verschmutzt und nahezu unlesbar. Dabei war Paul Bäumer nicht nur ein Lokalheld sondern weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt. Heute zucken viele Duisburger die Schultern, wenn man den Namen des Flugpioniers fragt. Schade.

Zum Weiterlesen: http://adl-luftfahrthistorik.de/dok/Baeumer_Sausewind.pdf

(RP)
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