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Duisburg Ein Licht als Zeichen der Versöhnung

Duisburg · Eine Gedenkkapelle erinnert an die 1938 von den Nazis zerstörte Duisburger Synagoge. Im Gottesdienst wird am Sonntag daran erinnert. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, die Gedenkkapelle zu besichtigen.

 In der Kapelle an der Junkernstraße, dem Standort der zerstörten Synagoge, wird die Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde in Duisburg wachgehalten.

In der Kapelle an der Junkernstraße, dem Standort der zerstörten Synagoge, wird die Erinnerung an die ehemalige jüdische Gemeinde in Duisburg wachgehalten.

Foto: evangelische Kirchengemeinde alt-Duisburg

Vor 30 Jahren wurde auf dem Grundstück der ehemaligen Duisburger Synagoge an der Junkernstraße eine Kapelle eingeweiht. Sie hält die Erinnerung an die ehemalige Jüdische Gemeinde Duisburg und an die schrecklichen Ereignisse des 9. November 1938 und die damit verbundenen nationalsozialistischen deutschen Gewalttaten an Juden wach. Die evangelische Kirchengemeinde Alt-Duisburg lädt zu einem Erinnerungsgottesdienst für Sonntag, 5. November, um 10 Uhr, in die Salvatorkirche ein. Er ist thematisch der Gedenkkapelle und dem Erinnerungsfenster, das vom Künstler Naftali Bezem für die Salvatorkirche gestaltet wurde, gewidmet. Der Gottesdienst endet nach einem gemeinsamen Weg mit einer Andacht in der Gedenkkapelle an der Junkernstraße.

Zur Gedenkkapelle: Die Kapelle dient als Andachtsraum für die Kirchengemeinde Alt-Duisburg. Die Zeltform des Gebäudes soll an die Wüstenwanderungen des Volkes Israel erinnern. Die Endpunkte der sechs Firstlinien des Zeltes ergeben bei Verlängerung auf den Erdboden den Davidstern. Bei Ausschachtungsarbeiten zum Bau der Kapelle entdeckte man ein zunächst undefinierbares Knäuel von Stoffresten, Lederstücken, Kettchen, Metallringen und Bändern, das sich hinterher als der Rest des ehemaligen Thoramantels herausstellte. Der Fundamentteil, der ehemals den Nordostpfeiler der Synagogenkuppel trug, ist mit dem Rest der Apsis das einzig erhaltene Mauerwerk. Die evangelische Kirchengemeinde Alt-Duisburg feiert den 30. Jahrestag der Einweihung der Gedenkkapelle, "indem wir uns der Geschichte und der aus ihr erwachsenden Verpflichtung der früheren Gemeinde Duisburg-Innenstadt und der heutigen Gemeinde Alt-Duisburg bewusst werden", schreibt der Presbyteriumsvorsitzende Jörg Hoffmann im Gemeindebrief. "Seit 1970", so Hoffmann weiter, "hat für unsere Gemeinde die christlich-jüdische Begegnung eine besondere Bedeutung. Im Zusammenhang mit dem Rheinischen Synodalbeschluss 1980 hat das u.a. dazu geführt, dass eines der Fenster der Salvatorkirche dem Ereignis des 9. November 1938 gewidmet ist (Entwurf Naphtali Bezem) und eben zur Errichtung der Gedenkkapelle. Ebenso erinnern wir uns in großer Dankbarkeit der Initiativen unseres früheren Pfarrers und späteren Superintendenten des Kirchenkreises Duisburg-Sud Carl Dieter Hinnenberg, durch die nicht nur die Beziehungen der Gemeinde zu der jüdischen Gemeinde in Duisburg-Mülheim-Oberhausen, sondern auch die Bedeutung des Alten Testaments für die christliche Kirche thematisch immer wieder aufgearbeitet wurden. Dies schlägt sich auch in der Konzeption der Fenster in der Salvatorkirche nieder. Die Errichtung der Gedenkkapelle auf dem Grund, auf dem die Synagoge der Jüdischen Gemeinde in Duisburg stand, ist auch sichtbarer Ausdruck der Verbindung und ständiger weiterwirkender Mahnung dieses Bauwerkes."

 Der Künstler Naftali Bezem hat das Gedenkfenster in der Salvatorkirche gestaltet.

Der Künstler Naftali Bezem hat das Gedenkfenster in der Salvatorkirche gestaltet.

Foto: ev. Kirchengemeinde Alt-Duisburg

Es war Anfang April 1905, als der aus Berlin kommende Rabbiner Dr.Manasse Neumark das erste Mal seine neue Wirkungsstätte, die Synagoge auf der Junkernstraße erblickte. Ein prächtiges Gebäude mit maurisch-romanischen Formen über das die "Rhein- und Ruhrzeitung" schrieb, dass dieses Gotteshaus "in jeder Hinsicht eine Zierde unserer Stadt" sei. Hier wirkte der Rabbiner bis zu ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten im November 1938. Danach hielt er noch Gottesdienste in seiner Privatwohnung auf der Falkstraße bis er im Juli 1942 in das Konzentrationslager nach Theresienstadt deportiert wurde, wo er dann ein halbes Jahr später starb.

Die Zerstörung der Synagoge war so total, dass sie bis auf die Grundmauern niedergebrannte und die Restmauern von der jüdischen Gemeinde selber beseitigt werden mussten. Über Jahrzehnte hin blieb ein großer Teil des Geländes ungenutzt bis dann zum einen von der evangelischen Kirchengemeinde dort ein Wohnhaus für behinderte Menschen erbaut und zum anderen eine Gedenkkapelle errichtet wurde. Diese erinnert an die ehemalige Synagoge an derselben Stelle.

Die vor 30 Jahren eingeweihte Kapelle entstand nach einem Entwurf des Duisburger Architekten Dr.Lutz Voigtländer. Entstanden ist ein zeltförmiger Bau, der ganz bewusst auf dezidiert christliche Symbole verzichtet. Stattdessen nimmt er Elemente auf, die sich auf das gemeinsame des Herkommens des jüdischen Glaubens beziehen. So sind die Zehn-Gebote, in die Fensterscheibe in hebräischer und in deutscher Sprache eingefräst. An der Stelle des dereinstigen Thora-Schreins findet sich eine Glasstele, in die in Hohlform die Gestalt eines leidenden Menschen in 1000 Glasstreifen eingeschnitten ist. Zum einen die Erinnerung an den 9. November 1938 (die Zerstörung der Synagoge in der Reichspogromnacht) und an das Leiden in der folgenden Vernichtung des jüdischen Volkes. Zum anderen lässt es auch das Bild des leidenden Christus zu.

Ein ganz bedeutendes Signal war es, als der Sohn des Rabbiners Dr. Manasse Neumark bei einem Besuch der Kapelle als Zeichen der Versöhnung ein kleines Öllämpchen, Symbol des Ewigen Lichts, aus Jerusalem mitbrachte. So ist sie heute eine erinnernde und mahnende Kapelle, die die Geschichte dieses Ortes wachhält.

Salvatorpfarrer Martin Winterberg wirkte an diesem Artikel mit.

(RP)
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