Duisburg Ein Plädoyer gegen die Dummheit

Duisburg · Jochen Malmsheimer gastierte mit seinem Soloprogramm "Dogensuppe Herzogin" im ausverkauften Steinhof.

Jochen Malmsheimer macht es seinem Publikum nicht gerade leicht. Schon der Titel seines achten Soloprogramms "Dogensuppe Herzogin - ein Austopf mit Einlage" ist eine echte Herausforderung. Das hielt die Kabarettfreunde der Region aber nicht davon ab, am Mittwochabend in großer Zahl in den Huckinger Steinhof zu pilgern und für ein ausverkauftes Haus zu sorgen.

Vielen ist der wortgewaltige Kabarettist durch seine Rolle als Anstaltsarzt in der ZDF-Satiresendung "Neues aus der Anstalt" (2007 - 2013) bekannt. Bevor er im Jahr 2000 mit seinem ersten Soloprogrammen durch die Republik tourte, war er mit seinem Bochumer Kabarett-Kollegen Frank Goosen als satirisches Duo "Tresenlesen" bereits jahrelang erfolgreich unterwegs. Wer sich auf Jochen Malmsheimer einlässt, sollte gut zuhören können und bereit sein, permanent seinen geschliffenen Wortkaskaden und oftmals genial skurrilen Gedanken zu folgen. Das wortakrobatische Dauerfeuer des mit zahlreichen Auszeichnungen bedachten Satirikers war offensichtlich auch diesmal ganz nach dem Geschmack des Publikums. Malmsheimer musste sogar auf die Bremse treten: "Sie müssen nicht immer klatschen, wenn sie was verstanden haben."

Im Mittelpunkt des mehr als zweistündigen Programms stand eine Bus-Reise nach Venedig, zu der sich der Bochumer von seiner Gattin widerwillig hatte breitschlagen lassen. Ein bisschen mulmig war ihm vor Reiseantritt schon, denn eigentlich fühlte er sich für so eine Reise "noch nicht grauhaarig genug". Als er vor der Abfahrt seine Mitreisenden in Augenschein nahm und durch die Bank diese nur in "farbenfroher" beige-grauer Rentner-Standardbekleidung wahrnahm, hatten sich seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet. Die Enge der Sitzreihen im Bus ("eher was für japanische Reisegruppen") hellte seine Laune auch nicht gerade auf. Die Probleme mit seinem Arthrose-Knie sah er in Sachen möglicher späterer Belastungen nicht als so problematisch an, denn er sei ja "nicht katholisch".

Kritisch beäugte der Venedig-Tourist wider Willen auch die Gruppe Jugendlicher, die sich auf der Rückbank des Busses eingenistet hatte und ständig per Smartphone miteinander kommunizierte. "Die hätten auch einfach miteinander sprechen können...mehr Unfug als heute war noch nie", so der Kabarettist zu dem Phänomen, das allerorts zu beobachten ist. Politisch und gesellschaftskritisch gewürzt sind Malmsheimers Programme immer. Dazu dienten diesmal Tagträume und auch von verdorbenem Kartoffelsalat hervorgerufene Halluzinationen Malmsheimers, die der Satiriker in voller Breite nutzte. Seine traumhaften Erlebnisse waren dabei ein einziges Plädoyer gegen die allgemein spürbare Verblödung. Beispiele bot Malmsheimer in Hülle und Fülle, egal ob er die unsäglichen Talkshows mit "Journalisten- Imitaten" im Zusammenspiel mit "namhaften Blödheitsspezialisten" anprangerte oder die AfD- Protagonisten im Visier hatte: "Keiner kommt als Arschloch auf die Welt, nur wo kommen die alle her?" Im Traum erhielt er zwar keine Antwort auf die durchaus berechtigte Frage, aber dennoch Unterstützung im Kampf "gegen die ungeheure postnatal gefestigte Dummheit". Dafür sorgten - dem verdorbenen Kartoffelsalat sei Dank - mit Robin Hood, Ivanhoe, Long John Silver, Winnetou, Captain Ahab und Jim Knopf die Helden seiner Kindheit (und seiner Bücher), die plötzlich allesamt im Bus saßen und sich angeregt unterhielten.

Das war noch mal die Gelegenheit für Jochen Malmsheimer, um alle Register zu ziehen. Die urkomische und wunderbar in Szene gesetzte "Diskussion" war ein einziges Fanal gegen "die geistige Unterversorgung" und für "mehr Bildung des Kopfes und des Herzens". Der Schlussapplaus im Steinhof war überwältigend. "Ich betrachte das mal als Zustimmung", so Jochen Malmsheimer trocken. Damit lag er offensichtlich nicht so ganz falsch.

(pol)
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