Duisburger Geschichte und Geschichten Eine Liebesaffäre führte zum Krieg

Duisburg · Der sogenannte "Truchsessische Krieg" hinterließ in Ruhrort, der Abtei Hamborn und dem Kloster in Duissern seine Spuren. Es war der erste Religionskrieg in Deutschland, ein Vorläufer des 30-jährigen Krieges.

 Heute ist die Prämonstratenser-Abtei ein Ort des Friedens, doch 1587 wütete dort die Söldnertruppe des Martin Schenk von Nideggen.

Heute ist die Prämonstratenser-Abtei ein Ort des Friedens, doch 1587 wütete dort die Söldnertruppe des Martin Schenk von Nideggen.

Foto: Zoltan Leskovar

Der Funke, der den Truchsessischen Krieg entzündete, war die Liebe des Kölner Erzbischofs zu Agnes von Mansfeld. Die Liaison des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Gebhard Truchsess von Waldburg mit der schönen evangelischen Stiftsdame Agnes von Mansfeld wurde anfangs diskret behandelt. Adolf von Neuenahr, ein Freund des Erzbischofs, unterstützte die leidenschaftliche Liebe, indem er das Moerser Schloss für heimliche Treffen zur Verfügung stellte.

Der katholische Würdenträger Gebhard wollte der Liebe wegen sogar das "hillige Coellen" in ein protestantisches Herzogtum umwandeln, was wiederum das Domkapitel und das katholische Europa nicht hinnehmen konnte: Die Machtverhältnisse im Reich hätten sich zugunsten der Protestanten verändert. Der inzwischen zum Protestantismus übergetretene Erzbischof wurde von Papst und Kaiser abgesetzt - der Streit zwischen Gebhard und seinen Widersachern gipfelte im Truchsessischen Krieg. Die Liebenden ließen sich aber nicht beirren, sie heirateten in Bonn. Nachdem Gebhard 1584 in die protestantischen Niederlande geflohen war, schien der Kölner Krieg beendet. Doch dem war nicht so. Der Krieg verschmolz mit dem Aufstand, den seit 1563 die Niederländer gegen die spanische Zwangsherrschaft führten. Der Niederrhein wurde zum militärischen Operationsgebiet.

Die religiösen Parteien waren völlig zerstritten und Söldnerheere auf beiden Seiten arbeiteten brutal auf eigene Rechnung. In dieser Zeit kam es zu erheblichen Plünderungen durch die Söldnerhaufen des Martin Schenk von Nideggen. Er belagerte, plünderte und brandschatzte fast ununterbrochen und setzte dabei insbesondere den Städten Nimwegen, Venlo und Neuss heftig zu. Wer war dieser Martin Schenk von Nideggen?

In einer zeitgenössischen Schilderung wird er wie folgt charakterisiert: "..ein Mensch, der die Waffen nie besser handhabte, als wenn er von vielem Saufen von Sinnen war ....wildbegierig nach Blutvergiessen und Beute, und eben deshalb den Soldaten teuer. ...." Er verdingte sich dort, wo am besten bezahlt wurde, kämpfte erst auf spanischer Seite gegen die unter Wilhelm von Oranien aufständischen Niederländer. Dann wechselte er 1585 die Fronten. Er versprach sich bei den Niederländern mehr Gewinn und reüssierte zum Feldmarschall. Der Söldnerführer Schenk, der sich zu der Zeit in Diensten der Niederlande befand, besetzte 1586 mit seiner Söldnertruppe das kurkölnische Rheinberg, um das Gebiet gegen die Spanier zu verteidigen. Danach geriet Ruhrort in das Visier des Söldnerführers. Obwohl Ruhrort zum neutralen Herzogtum Kleve gehörte, gelang es in der Nacht des 26. Januar 1587 Schenk von Nideggen, Söldner in die Stadt Ruhrort einzuschleusen und sich der Stadt zu bemächtigen. Seine Söldnertruppen unternahmen in der Umgebung weitere Plünderungszüge. Duisburg verstand es, sich aus den Kriegswirren herauszuhalten, z.B. durch Geschenke an die Heerführer. Opfer wurde allerdings das Zisterzienserinnenkloster vor den Stadtmauern. Das Kloster in Duissern wurde von Nideggens Söldnern geplündert und gebrandschatzt, berichtet der ehemalige Duisburger Stadtarchivar Dr. Joseph Milz (1934-2013). Das Prämonstratenserstift in Hamborn erlitt 1587 das gleiche Schicksal. Der teilweise Wiederaufbau der zerstörten Klosteranlage erfolgte erst 1664-1666.

1588 wurde über Schenk die Reichsacht verhängt und bald stand Schenk nach der Eroberung Bonns auf verlorenem Posten und kapitulierte. Schenk kämpfte danach im Wesentlichen für die Niederlande am Niederrhein. Bei der Belagerung von Nimwegen, das von den Spaniern besetzt war, kam Schenk 1589 um, als er sich bei der Flucht aus der Stadt auf einen überladenen Ponton stürzte und in seinem Harnisch ertrank. Auf Beschluss des Nimwegener Rates wird er auch als Leiche noch geköpft und der Kopf auf einen Pfahl am Stadttor gesteckt. Als die Niederländer allerdings später die Stadt wieder einnahmen, wurden die Leichenteile Schenks eingesammelt und er erhielt ein christliches Begräbnis in der Stephanus-Kirche.

Es war der erste Religionskrieg in Deutschland - ein internationaler Krieg: Deutschland, Frankreich, Spanien, die Niederlande und der Papst waren beteiligt. Danach folgte der 2. Akt der Tragödie: Der 30-jährige Krieg brachte neues Elend und Tod.

(RP)
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