Duisburg "Eine Woche Welt" in unserer Stadt

Duisburg · "Ausgänge" heißt das Motto der 39. Duisburger Filmwoche (2. bis 7. November), die als wichtigstes deutschsprachiges Dokumentarfilm-Festival gilt. Parallel zur Filmwoche läuft das "doxs!-Festival mit Dokus für junge Leute.

 In Duisburg ein bekanntes Gesicht: Werner Ruzicka ist seit vielen Jahren der Leiter der Filmwoche. Die obere Filmleiste zeigt Szenen aus den Wettbewerbsfilmen (von links) "Staatsdiener", "Last Exit Alexanderplatz", "Pistoleros", "Zaplyv - Die Schwimmer" und "Eismädchen".

In Duisburg ein bekanntes Gesicht: Werner Ruzicka ist seit vielen Jahren der Leiter der Filmwoche. Die obere Filmleiste zeigt Szenen aus den Wettbewerbsfilmen (von links) "Staatsdiener", "Last Exit Alexanderplatz", "Pistoleros", "Zaplyv - Die Schwimmer" und "Eismädchen".

Foto: filmwoche

In Deutschland gibt es 300 Filmfestivals, dennoch gilt die Duisburger Filmwoche als "Solitär". Das sagten gestern Kultur- und Bildungsdezernent Thomas Krützberg und Werner Ruzicka, seit vielen Jahren Leiter der Filmwoche. Die Duisburger Filmwoche gilt in der "Branche" als wichtigstes Festival für Dokumentarfilmproduktionen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der gute Ruf hat sich im Laufe der Jahre noch gefestigt.

Das Besondere der Filmwoche ist, dass in Duisburg rigoros Qualität vor Quantität gesetzt wird. Aus Hunderten eingereichten Filmen wählt eine Kommission aus Regisseuren und Filmfachleuten nur 26 Produktionen aus, die nicht nur gezeigt, sondern im Anschluss im Beisein der Filmemacher auch öffentlich diskutiert werden. Am Schluss der Filmwoche, das ist diesmal Samstag, 7. November, 20 Uhr, werden die begehrten Preise vergeben, darunter übrigens auch wieder der von der Rheinischen Post unterstützte Publikumspreis für den "beliebtesten Film des Festivals".

"Ausgänge" heißt in diesem Jahr das Motto der Filmwoche. Festivalleiter Ruzicka nannte gestern ein Parallel-Motto: "Eine Woche Welt." Zwar gibt es bei der Duisburger Filmwoche keine Themenvorgabe, aber dennoch spiegeln sich die weltumspannenden Zeitläufe gewissermaßen zwangsläufig in den aktuellen Dokumentarfilmen wider. Dabei gingen, so Ruzicka, gute Dokumentarfilmer andere Wege als "Meinungsapparate und -agenturen", die nur bis zum Horizont vereinzelter Krisen blickten. Gute Dokumentarfilme sollen Zeit für tiefere Wahrnehmung und innehaltende Einschätzungen schaffen, so Ruzicka. Dabei gehe es nicht nur um Bilder der Wirklichkeit aus der äußeren Welt, sondern auch um solche, die aufs Innere der Menschen, auf Privatheit zielen.

So gibt es im Programm Filme, die sich mit Familiengeschichten aus dem Irak oder mit der Situation der überforderten Einwohner auf der "Flüchtlingsinsel" Lampedusa beschäftigen. Im Film "Mein Name ist Khadija" wird eine junge Frau aus Moskau porträtiert, die zum Islam konvertiert. Im Filmausschnitt, der gestern bei der Pressekonferenz gezeigt wurde, sagt diese Frau: "Heute Morgen habe ich mich entschieden, mich nicht mehr ohne Kopftuch zu zeigen." Nach einer Denkpause fügt sie hinzu: "Mehr will ich dazu nicht sagen."

Das Besondere beim Dokumentarfilm sei, so der junge Filmwissenschaftler Alexander Scholz, der in diesem Jahr für die Pressearbeit zuständig ist, dass man sehen und hören kann, WIE was gesagt wird.

Ein Höhepunkt der Filmwoche dürfte die Dokumentation des mehrfach preisgekrönten Filmemachers Nikolaus Geyrhalter sein. Der österreichische Dokumentarfilmspezialist hat zehn Jahre lang Menschen in einem niederösterreichischen Städtchen porträtiert, die einst in einer Textilfabrik gearbeitet haben, die 2004 geschlossen wurde. Geyrhalter ist nicht an einer schlichten mitleidheischenden Sozial-Doku interessiert, vielmehr will er Lebensschicksale lebendig werden lassen. "Über die Jahre" heißt Geyrhalters Ausnahmedokumentation, die den Zeitraum von 2004 bis 2014 umfasst. "Über die Jahre" ist mit 188 Minuten die wohl längste Produktion, die jemals auf einer der bislang 39 Duisburger Filmwochen gezeigt wurde.

Eine außerordentliche Dokumentation ist thematisch auch der Film "Wie die anderen" von Constantin Wulff, der in einer psychiatrischen Klinik für Kinder und Jugendliche gedreht wurde. Gezeigt werden "Kinder und Jugendliche an den Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit" und das Personal "an den Grenzen seiner Hilfekapazität", heißt es in der Kurzbeschreibung. Man kann sich vorstellen, wie groß die Hürden waren, die der Filmemacher überwinden musste, um die erforderlichen Drehgenehmigungen und das Vertrauen der gefilmten Menschen zu bekommen...

Parallel läuft das "Doxs!"-Festival mit Dokumentarfilmen, die sich an Schüler richten. Das "Doxs!-Festival ging vor einigen Jahren als Spartenprogramm aus der Filmwoche hervor. Mittlerweile ist "Doxs!" das wichtigste Festival für den Jugenddokumentarfilm in Deutschland.

(pk)
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