Duisburg Erben fordern Kunstwerke zurück

Duisburg · Für zwei sich im Bestand der Stiftung Wilhelm-Lehmbruck-Museum befindliche Gemälde von Erich Heckel und Emil Nolde liegen Rückforderungen vor. Jetzt soll recherchiert werden, wem die Gemälde rechtmäßig gehören.

Hat das Lehmbruck-Museum von NS-Raubkunst profitiert? Müssen die Gemälde "Frauen am Meer" (1913) von Erich Heckel und "Frauen im Blumengarten" (1916) von Emil Nolde – beides Meisterwerke des deutschen Expressionismus – an die Erben der einstigen Besitzer zurückgegeben werden? Diese Fragen sollen nun durch Nachforschungen eindeutig und endgültig geklärt werden. Der Rat wird sich mit diesem brisanten Thema in seiner nächsten öffentlichen Sitzung am Montag, 7. April, beschäftigen.

Zu sehen waren die beiden Gemälde zuletzt in der Ausstellung "Bilder des Aufbruchs – der Expressionismus und Lehmbruck", die von November vergangenen bis Februar diesen Jahres im Wilhelm-Lehmbruck-Museum lief. Aktuell befinden sich beide Werke im Depot des Museums und sollen möglicherweise zur großen Jubiläumsausstellung Mitte Juni wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Mit der "Washingtoner Erklärung" vom 3. Dezember 1998 ("Washington Principles" – Grundsätze der Washingtoner Konferenz auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden), hat sich die Bundesrepublik Deutschland rechtlich nicht bindend dazu verpflichtet, von Kunstwerken, die in der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmt wurden, die Erben ausfindig zu machen und mit ihnen eine "gerechte und faire Lösung" zu finden. Dazu sind die Besitzverhältnisse der betreffenden Werke für den Zeitraum 1933 bis 1945 durch die sogenannte Provinienzforschung zu klären.

Bereits 2001 wurde erstmals die Rückforderung (Restitutionsanspruch) bezüglich des Gemäldes "Frauen im Blumengarten" von Emil Nolde, dessen aktueller Versicherungswert mit einer Million Euro beziffert wird, gestellt. Für Erich Heckels Gemälde "Frauen am Meer" – geschätzter derzeitiger Marktwert nach Aussage der Anwälte rund zwei Millionen Euro – liegt der Restitutionsanspruch seit 2004 vor. In beiden Fällen weisen die Anwälte der Erben der ehemaligen Besitzer darauf hin, dass die Gemälde "NS-verfolgungsbedingt verloren gegangen" seien.

"Wenn sich endgültig herausstellt, dass die Werke verfolgungsbedingt entzogen wurden, dann ist es selbstverständlich, dass wir diese zurückgeben", sagt Dr. Söke Dinkla, Direktorin des Lehmbruck-Museums. Es werde aber sicherlich schwierig, das fundiert nachzuvollziehen. Das Kuratorium der Stiftung Wilhelm-Lehmbruck-Museum hatte sich bereits in einer Sitzung im vergangenen Dezember einstimmig dafür ausgesprochen, dass der Museumsvorstand geeignete Maßnahmen zur Provenienzforschung in die Wege leitet. Da die beiden betroffenen Gemälde Teile der Stiftungsmasse der Stadt Duisburg sind, müssen die notwendigen Entscheidungen über die Restitution seitens der Stadt herbeigeführt werden. Die Stiftungsaufsicht hatte bereits mit Schreiben vom 6. März ihre Zustimmung gegeben, dass die Gemälde im Falle der Rückgabe aus dem Stiftungsgrundstock herausgelöst werden dürfen.

"Der Anstand gebietet, dass die Anträge überprüft werden", sagt Kulturdezernent Thomas Krützberg. Eine endgültige Entscheidung sei damit jedoch noch nicht gefallen. Die Anwälte jedenfalls sehen als erwiesen an, dass das Gemälde "Frauen im Blumengarten" ursprüngllich der Familie Eduard Müller gehörte, deren Erben, Familie Müller-Lewit, die Anspruchsteller sind. Das Gemälde "Frauen am Meer" entstamme nach Rechercheergebinssen der Anwälte eindeutig der Sammlung Hess.

Ob es sich bei den beiden Kunstwerke tatsächlich um NS-Raubkunst handelt, werden die Nachforschungen zeigen.

(RP)
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