Duisburg "Es gab keine Perspektive für mich"

Duisburg · Rami Mamlouk ist aus Aleppo vor Krieg und Zerstörung geflohen. Jetzt absolviert er bei Thyssen ein Praktikum und hilft, den Energieeinsatz im Unternehmen zu optimieren.

 Die Bilder aus dem zerstörten Aleppo gingen um die ganze Welt. Rami Mamlouk (rechtes Bild, Mitte) ist von dort geflohen und absolviert jetzt ein Praktikum im Stahlbereich von Thyssen. Hier ist er bei einer Teambesprechung zu sehen.

Die Bilder aus dem zerstörten Aleppo gingen um die ganze Welt. Rami Mamlouk (rechtes Bild, Mitte) ist von dort geflohen und absolviert jetzt ein Praktikum im Stahlbereich von Thyssen. Hier ist er bei einer Teambesprechung zu sehen.

Foto: Afp/ThyssenKrupp

Die Bilder aus dem syrischen Aleppo erschüttern. Die Millionenmetropole im Nordwesten des Landes, Teil des UNESCO Weltkulturerbes, ist weitgehend zerstört. Tausende Menschen sind tot, unzählige auf der Flucht. Auch Rami Mamlouk ist vor Krieg und Zerstörung geflohen. Der 26-jährige Maschinenbauingenieur kam über Istanbul nach Deutschland. Im Stahlbereich von Thyssenkrupp absolviert er ein Praktikum und hilft dabei, den Energieeinsatz im Unternehmen zu optimieren.

Mamlouks Bruder lebt bereits seit sechs Jahren in Deutschland und arbeitet als Kardiologe in einem Krankenhaus. "2014 war ich mit dem Studium fertig, mitten im Krieg", berichtet Mamlouk. "Es gab keine Perspektive für mich und die Gefahr, Opfer des Krieges zu werden, stieg ständig." Verwandte und Studienkollegen von ihm sind bei Bombenangriffen ums Leben gekommen. "Ich konnte, nachdem ich in Deutschland angekommen bin, erst einmal zu meinem Bruder, der mir bei den ersten Schritten geholfen hat." Der junge Syrer hat einen Asylantrag gestellt und zunächst eine dreijährige Aufenthaltsgenehmigung erhalten.

Bildung und Wissen sind der Schlüssel zur Zukunft - diese Botschaft hat Rami Mamlouk von seinen Eltern mit auf den Weg bekommen. Sein Vater hat Wirtschaft studiert und arbeitete wie seine Mutter bei der staatlichen syrischen Bahn. Mamlouk entschied sich für ein Ingenieurstudium an der Universität in Aleppo, Schwerpunkt Maschinenbau. Der Abschluss wird in Deutschland anerkannt. Um schnell Deutsch zu lernen, bewarb er sich an der Bergischen Universität in Wuppertal für ein einjähriges Sprachstipendium: "Ich wurde angenommen. Das war sehr anstrengend und intensiv. Aber natürlich geht nichts ohne Sprachkenntnisse." Der Einsatz hat sich gelohnt, Mamlouk spricht mittlerweile fließend Deutsch, entsprechend zertifiziert, um beispielsweise zu einem Studium in Deutschland zugelassen zu werden.

Mit der neu erlernten Sprache und seiner Qualifikation als Ingenieur bewarb sich Mamlouk auf eine Praktikumsstelle bei Thyssenkrupp Steel Europe. Gesucht wurde ein Mitarbeiter, der bei einem Energieeffizienzprojekt im Bereich Logistik unterstützt. Der Syrer bekam den Job und untersucht nun in einem kleinen Team, wie beim werkseigenen Hafen, bei der Werkbahn und anderen Einrichtungen die Effizienz des Energieeinsatzes gesteigert werden kann. "Das ist sehr spannend, weil ich so einen Einblick in ganz unterschiedliche Bereiche bekomme", erklärt Mamlouk und muss lachen: "Thyssenkrupp wurde ganz schnell wie eine zweite Familie für mich. Ich bin vom ersten Tag an mit offenen Armen hier aufgenommen worden und bin voll im Team integriert."

Auch wenn die Beschäftigung bei Thyssenkrupp befristet ist, bleibt Rami Mamlouk zuversichtlich, bald eine neue Stelle zu finden: "Man darf nicht stehenbleiben, sollte immer Neues lernen, um weiterzukommen. Mein Ziel ist jetzt, eine Trainee-Stelle zu finden, um meine Fähigkeiten im Ingenieursbereich zu erweitern."

Wenn es mal nicht um Arbeit und Lernen geht, spielt Mamlouk leidenschaftlich gerne Fußball. Bereits in Aleppo hat er jahrelang im Verein gespielt, nun kickt er in Recklinghausen in der Kreisliga. "Wir sind ein bunter Haufen, bestehen aus vielen Nationen", erzählt er. Der syrische Ingenieur ist schon nach kurzer Zeit gut integriert in Deutschland und ist nun sicher vor Krieg und Zerstörung. Er hat seinen Optimismus zurückgewonnen und ist fest entschlossen, seinen Weg zu machen.

(RP)
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