Rp-Serie Atelierbesuche Fortschreiten im Zeitstrahl

Duisburg · Die Duisburger Video- und Medienkünstlerin Ruth Bamberg und ihr neues Kunstprojekt.

Rp-Serie Atelierbesuche: Fortschreiten im Zeitstrahl
Foto: Christoph Reichwein

Wie sieht eigentlich das Atelier einer Video- und Medienkünstlerin aus? Im Falle der Duisburgerin Ruth Bamberg ist das Atelier Teil ihrer Wohnung, in der sie als Künstlerpaar mit ihrem Lebenspartner, dem Schweizer Improvisationsmusiker Philippe Micol, lebt und arbeitet. Ein großer Holztisch mit einem Laptop darauf markiert optisch das Zentrum ihres Schaffens. Auf einer Arbeitsplatte an der Wand stehen ein Computer mit Monitor und Bücher. An besagter Wand heften derzeit Fotos von ihrer Reise ins türkische Ephesos in Kleinasien, die ihr als Recherchematerial zu ihrem neuen Kunstprojekt dient, einem Film über Ita Wegman. Demgegenüber ziert erzählend ein Zeitstrahl von der Lebens- und Wirkungsgeschichte dieser bedeutenden Zeitgenossin die dortige Wand. "Ich bin für Fortschreiten, lautet ein Zitat von Ita Wegman", sagt Bamberg. "Und ich verhalte mich ebenso. Ich verstehe das Zitat im Übrigen so: nicht stehenbleiben, nicht festhalten, nicht hadern - weitermachen, fortschreiten für das, was man als das Wahre, Schöne und Gute erkannt hat. Und wenn die Welt noch nicht so weit ist zu verstehen, wie bedeutsam einerseits und zerbrechlich andererseits das Menschenwesen im Kosmos ist... Sei's drum." Und weiter führt sie aus: "Ita Wegman wurde mir zur Schwester im Geiste. Ihre Geschichte, die mich tief berührt, möchte ich mit meinen Mitteln weitererzählen, dass diese großartige Frau und ihr bis heute wichtiges Werk nicht in Vergessenheit geraten. Diesen Film zu realisieren, ist mir ein großes Anliegen und ein Kunstwerk im Sozialen zugleich."

Bamberg ist seit Anfang der 1990er Jahre freischaffende Medien- und Videokünstlerin und hat bei zig Akzenten mitgewirkt. Sie hat mit Söke Wortmann und Christoph Schlingensief Ende der 1980er Jahre, mit Willi Thomczyk, Tom Liwa und vielen anderen zusammenarbeitet, vor allem aber und immer wieder mit der Bühnenbildnerin und Performancekünstlerin Marion Leyh, dem Experimentalmusiker Urs Peter Schneider und natürlich mit ihrem Mann Philippe Micol. Diesen hat sie 1992 auf dem Hauptbahnhof in Offenbach am Main kennengelernt. Er kam gerade aus New York, sie aus der Offenbacher Hochschule für Gestaltung. Dort hat Bamberg bei Prof. Richard Kriesche am von ihm 1991 neu gegründeten Fachbereich "Theorie und Praxis elektronischer Bilderzeugung" studiert.

Fortan stand das Medium Video im Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens, ob in Form von Videoinstallationen ("Heimat/Herzstück") oder als Video-Klang-Environment ("Lichtbotschaft vertikaler Himmel"), ob als Videofilm ("Könnten Sie das tanzen? - Hommage an die Eurythmie") als Videoclip ("Rock'n'Roll") oder als Videoperformance ("Silk Thunder Duo"). Später nahm sie als weiteres künstlerisches Ausdrucksmittel die "Soziale Plastik" hinzu, auch unter dem Begriff "Soziale Skulptur" (Joseph Beuys) bekannt. Die Duisburger Akzente 2006 und das Thema "Woran Glauben?" inspirierten Bamberg dazu, sich mit dem Inneren des Menschen zu beschäftigen. "Unsichtbares sichtbar machen", sagt sie und verweist dabei auf Arbeiten des amerikanischen Video- und Installationskünstlers Bill Viola, der als führender Vertreter der Videokunst und ihr als Vorbild gilt. Zeitgleich vertiefte sie sich in die Schriften Rudolf Steiners. In dem Zusammenhang stieß sie auf Ita Wegman (1876-1943), die Ärztin und Mitbegründerin der anthroposophischen Medizin. Seitdem lässt sie die außergewöhnliche Frau und große Visionärin nicht mehr los. Mit Recherchen ihrer Manuskripte und Briefe im November 2013 ging alles los. Zwei Jahre später startete Bamberg eine Crowdfunding-Aktion, die dem Projekt knapp 20.000 Euro einbrachten. Damit war ein finanzieller Grundstock gelegt, um weitere Recherchen und Forschungsreisen durchzuführen, einen Trailer anzufertigen und Mitstreiter zu gewinnen. Im Herbst vergangenen Jahres gelang Bamberg dann ein weiterer Durchbruch: Der Produzent Hartmut Schwenk, Geschäftsführer der Firma Schwenk Film mit Sitz in Stuttgart, stieg in das Projekt ein. Geplant ist nun ein zeitgenössisches Dokudrama, bei dem Ita Wegmann im Mittelpunkt steht, inklusive des brisanten Themas "ganzheitliche Medizin". Als nächsten Schritt werden Bamberg und Schwenk Mitte Februar das einschlägige Branchentreffen des Berlinale-Festivals besuchen, um weitere Kontakte hinsichtlich TV-Sendern und internationalen Koproduktionspartnern zu knüpfen. Die Zeichen für ein erfolgreiches Gelingen des Projektes "Ita Wegman-Film" stehen wohl nicht schlecht.

Mehr über die Künstlerin steht auf deren Internetseite unter "http://www.ruthbamberg.de" .

(RP)
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