Duisburg Frieden neben Trauer und Schmerz

Duisburg · Dem Tod entgegenzublicken ist nicht einfach. In der Hospizarbeit stehen die Sterbenden im Mittelpunkt. In der Sterbebegleitung gilt die Unterstützung jedoch oft auch den Angehörigen.

 Andrea Braun-Falco, Geschäftsführerin, Gerhard Kölven, Vorstandsvorsitzender, Anita Scholten und Eva Obermann - Koordinatorinnen und Hospizschwestern.

Andrea Braun-Falco, Geschäftsführerin, Gerhard Kölven, Vorstandsvorsitzender, Anita Scholten und Eva Obermann - Koordinatorinnen und Hospizschwestern.

Foto: Julia Zuew

Das düstere Stigma rund um ihre Arbeit - es ist ihnen nicht fremd: "Als ich bei einer Frau eintraf, deren Ehemann krank war, sagte sie zu mir: 'Sie sind ja ganz normal'", erzählt Anita Scholten. Sie ist Koordinatorin bei der Hospiz-Bewegung Hamborn. "Ich fragte, was sie denn erwartet hätte", sagt sie und lacht. "Jemanden, der ganz in Schwarz gekleidet ist", habe die Ehefrau geantwortet. Zumindest keine freundlich lächelnde Frau in blau gemusterter Bluse. "Wir haben immer sehr unterschiedliche Anfragen. Von Ärzten, Privatpersonen oder Krankenhäusern", berichtet Andrea Braun-Falco, Geschäftsführerin der Hospizbewegung. Die Mitglieder des Vereins gehen in Privathaushalte, Altenheime oder betreute Wohnanlagen. "Dabei wissen wir eigentlich erst, wenn wir mit der Betreuung beginnen, was die Menschen genau brauchen." Um den Sterbenden und den Angehörigen den Abschied zu erleichtern, bedürfe es dabei nicht immer vieler Handgriffe. Manchmal reiche es, neben dem kranken Familienmitglied zu sitzen und dadurch den Angehörigen eine Auszeit zu ermöglichen, sagt Braun-Falco. Hilfe beim Einkaufen, im Haushalt oder bei anderen alltäglichen Tätigkeiten, psychologische Unterstützung: Der Bedarf könne sehr unterschiedlich sein, und erst in der Arbeit werde klar, wo der Schuh drückt.

Doch eins hätten die Fälle meist gemeinsam, sagt Scholten: "In meiner Arbeit in der Altenpflege habe ich gemerkt: Menschen brauchen mehr als nur Medikamente und Pflege. Diese sind natürlich sehr wichtig - aber es ist nicht alles." Etwa zwanzig Jahre war sie in der Altenpflege tätig, ehe sie vor knapp sieben Jahren die Arbeit in der Hospizbewegung aufnahm. Dabei habe sie schon davor gemerkt, dass auch das seelische Wohlbefinden der Patienten zur Arbeit dazugehört - ebenso wie die Trauerbegleitung für die Familie, wenn diese vorhanden ist.

Nicht selten bräuchten die Angehörigen die meiste Unterstützung. "Wir begleiten nicht nur die Sterbenden. Wir bieten auch ein Trauerfrühstück, ein Trauercafé und andere Veranstaltungen an, wo sich Trauernde austauschen können", sagt Braun-Falco. Und bei dem Trauerfrühstück werde dann auch mal gelacht. "Manchmal weinen die Leute bei uns natürlich auch. Und lachen danach - weil die unterdrückten Gefühle zum Vorschein kommen." Wenn die Menschen "die Erlaubnis zum Trauern haben, dann lachen sie auch wieder. Wenn die Trauer versteckt wird, fällt es ebenfalls schwer, andere Gefühle zu zeigen."

Von der Nähe des Todes zu wissen und darauf zuzugehen sei für alle Beteiligten eine durchwachsene Erfahrung, berichtet Eva Obermann, Koordinatorin in der Hospizbewegung. "Mein Vater war Pfarrer", sagt sie. "Er selbst hat sich gewundert, dass er sich mit dem Sterben schwer tat. Er hatte viele Sterbende vor dem Tode begleitet." Trotzdem habe ihr Vater seinem Lebensende nicht so unbefangen entgegengeblickt, wie er selbst es davor vermutet habe.

"Ich selbst habe keine Angst vor dem Tod - aber ich weiß nicht, wie es sein wird, wenn ich mich in der Lage befinde", sagt Gerhard Kölven, Vorsitzender der Hospizbewegung. Zur Sterbebegleitung hat ihn sein einstiger Lehrer und Gründer der Hospizbewegung Hamborn geführt, Josef Schmitz. Schmitz beschrieb den Hospizdienst als "das, was ein guter Nachbar für den anderen tun würde". Da zu sein, wenn die eigene Kraft nicht reicht, manchmal in Stille, wenn Worte überflüssig sind. Bei dem Alltag unter die Arme greifen. Oder ein offenes Ohr haben, wenn Reden hilft.

Mit den dunklen Seiten des Todes seien die Menschen meist vertraut, aber Sterben könne auch Frieden bedeuten, sagt Braun-Falco. "Wenn man erlebt hat, welche spirituellen Erlebnisse manche in dieser Zeit haben, wie ruhig und friedlich sie dabei wirken", sagt sie, "versteht man, dass Tod auch Frieden bedeuten kann und nicht nur traurig und schmerzhaft ist."

Am Dienstag, 4. Oktober, um 19 Uhr findet ein pantomimischer Vortrag "Humor in der Sterbebegleitung. Geht das?" statt im evangelischen Gemeindezentrum Hamborn, Taubenstr. 14. Kostenlose Eintrittskarten sind wegen Platzbegrenzung vorab in der Taubenstraße 12 von 10 bis 12 Uhr abzuholen. - Am Mittwoch, dem 5. Oktober, findet in der Friedenskirche Duisburger Straße 174, um 19 Uhr, ein Benefizkonzert statt mit dem Thyssenkrupp-Chor, Sopranistin Evelyn Ziegler und dem Akkordeonisten Silvester Pece.

(zuew)
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