Schülerin überlebte Loveparade-Unglück Für Lara war es ein schrecklicher Albtraum

Schülerin überlebte Loveparade-Unglück · Die Bettdecke bis zum Bauch hochgezogen, sitzt Lara Schuhmacher-Plyen auf dem Bett ihres Krankenzimmers in der Kinderklinik des Klinikums Duisburg. An der Seite baumelt ihr rechter verbundener Fuß heraus. Nur Abschürfungen, wie auch am Bein. Die 17-Jährige hat großes, sehr großes Glück gehabt. Erst am Montag stellte sich heraus, dass ihre Wirbel bei dem Sturz auf der Loveparade nicht angebrochen wurden, sie auf dem Rücken nur Prellungen hat.

 Lara Schuhmacher-Plyen ist gestern aus dem Klinikum Duisburg entlassen worden. Sie freut sich auf ihr Zuhause in Hennef.

Lara Schuhmacher-Plyen ist gestern aus dem Klinikum Duisburg entlassen worden. Sie freut sich auf ihr Zuhause in Hennef.

Foto: RP, Ralf Hohl

Die 17-jährige Schülerin war am Samstag mit neun Freunden aus Hennef an der Sieg mit dem Zug nach Duisburg gereist. "Wir wollten die Gelegenheit nutzen und uns einmal die Loveparade ansehen", erzählt sie. "Es sollte eine schöne Erinnerung werden, doch es wurde ein schrecklicher Albtraum", sagt die 17-Jährige und kämpft dabei mit den Tränen.

Bis zu den Floats und den ausgelassen Feiernden kam sie erst gar nicht. Lara und ihre Freunde blieben vor dem Tunnel stecken. Immer näher wird sie von der Menge Richtung Nottreppe gedrängt. "Vor mir waren zwei Mädchen, die einen Kopf kleiner waren als ich. Die bekamen schon kaum noch Luft. Ich habe ihnen zugefächelt", beschreibt Lara die Situation, die mit Sekunde zu Sekunde bedrohlicher wurde.

Irgendwann reichte das Fächeln nicht mehr aus. "Die Mädchen wurden ohnmächtig, kippten auf mich und rissen mich mit zu Boden." Lara schlug mit dem Rücken auf, die Mädchen lagen auf ihr. "Es war völlig dunkel, ich bekam immer weniger Luft, dann wurde ich ohnmächtig." Sie kommt erst wieder zu sich, als Sanitäter schon um sie herumstehen und auch ihr Freund, der vor dem Sturz etwa einen halben Meter von ihr entfernt war.

Nur noch weg

Lara hat zwar Schmerzen, doch sie sieht, dass andere eher Hilfe brauchen als sie. "Die waren viel schlimmer dran als ich." Schnell spricht sich herum, dass zehn Menschen tot sind. Lara und ihrem Freund ist längst nicht mehr nach Feiern zu Mute, sie wollen nur noch weg, weg von der Menge und dem schrecklichen Bild, das sich ihnen bot. Doch zuvor ruft Lara noch ihre Eltern an, um zu sagen, dass es ihr gut geht. Doch ganz so gut dann doch nicht. Auf dem Weg zum Bahnhof lässt sich Lara im Sanitätszelt untersuchen. Die Helfer lassen sie ins Klinikum Duisburg bringen, sicher ist sicher.

Laras Freund darf sie begleiten, in der Nacht sogar bei ihr bleiben. Für Lara eine große Beruhigung, nach den schlimmen Erfahrungen eine vertraute Person an ihrer Seite zu haben. Am Sonntag reist ihr Vater an. "Wir wollten nicht, dass Lara allein bleibt", sagt Christian Schuhmacher. Er hat die Nacht zu Montag im zweiten Bett in Laras Krankenzimmer übernachtet. Für ihn ist es das größte Glück, seine Tochter wieder mit nach Hause zu nehmen.

Als sie zur Loveparade wollte, hatte er keine Bedenken. "Ich selbst war schon auf vielen Großveranstaltungen wie Rock am Ring", sagt er. Doch was er später im Fernsehen von dem Gelände sah, hat ihn schockiert. "Dass es nur einen Zu- und Abgang gibt, habe ich noch nie erlebt", sagt er.

Ob Lara noch einmal ein solches Großereignis besuchen wird, weiß sie noch nicht. "Ich muss erst sehen, wie ich mit der Situation klar komme." Noch hat sie zu sehr mit dem zu kämpfen, was sie auf dem Loveparade-Gelände erlebt hat. "Ich kann zwar darüber sprechen, doch es tut noch weh", sagt Lara mit einer Stimme, die verrät, dass sie in diesem Moment nur schwer die Tränen unterdrücken kann.

Ein großer Trost für Lara ist jedoch, dass alle ihre Freunde, die am Samstag dabei waren, überlebt haben. Und auch das Mädchen, das vor dem Sturz neben ihr gestanden und um das sie sich gekümmert hatte. "Ich war froh, als ich aus der Ohnmacht auf dem Gelände erwachte und sah, dass auch sie die Augen offen hatte."

Am Montagnachmittag wartete Lara nur noch auf ihre Mutter, um mit ihr nach Hause zu fahren. Der Freund, das eigene Bett, Dinge auf die sich die 17-Jährige freute. Doch der Albtraum Loveparade wird sie wohl noch eine Weile begleiten.

(RP)
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