Duisburg Gefährliche Fahrt durch die Verlustzone

Duisburg · Rund 40 Millionen Euro Defizit fahren Busse und Bahnen in der Stadt jährlich ein. Bislang funktionierte das System, dass diese Verluste mit Gewinnen der Stadtwerke quasi verrechnet wurden - aber wie lange noch?

Je mehr Fahrgäste bei der DVG befördert werden, desto besser. Schwarze Zahlen lassen sich im Nahverkehr aber ohnehin nie erzielen, glauben die Fachleute.

Je mehr Fahrgäste bei der DVG befördert werden, desto besser. Schwarze Zahlen lassen sich im Nahverkehr aber ohnehin nie erzielen, glauben die Fachleute.

Foto: DVG

Die vorrangig durch die Energiewende und das Subventionierungssystem für Strom aus Windkraft und Sonne verursachte finanzielle Schieflage bei den Stadtwerken belasten in erster Linie das Unternehmen und seine Mitarbeiter. Doch sie trifft auch die DVG.

In der Vergangenheit fuhr die Energiesparte des Duisburger Versorgungs- und Verkehrskonzerns stets so dicke Gewinne ein, dass damit die Verluste der DVG kompensiert werden konnten und meist auch noch ein Scheck für die Stadtkasse drin war. Vor dem Hintergrund, dass die Stadtwerke beim Jahresabschluss ein Defizit von mehr als acht Millionen Euro ausweisen, droht dieses System zusammenzubrechen. Auch auf diese Gefahr werden die Verdi-Demonstranten aufmerksam machen, wenn sie wie berichtet am 8. Oktober in Duisburg auf die Straße gehen.

Öffentlicher Nahverkehr ist für die Duisburger so selbstverständlich wie Wasser und Brot. Das Linien- und Schienennetz ist so eng, dass fast jeder Bürger in der Nähe seiner Wohnung eine Haltestelle findet. An den Fahrplänen lasst sich allerdings ablesen, dass für den Betrieb der Busse und Bahnen nur begrenzt Geld zur Verfügung steht. So häufig wie die Bahnen auf der Linie 903 (7,5 Minuten-Takt) sind andere nicht unterwegs. Und dass ein Bus nur einmal pro Stunde vorbei kommt, ist nicht selten.

Aber immerhin, er kommt. Noch! Erst vor wenigen Tagen soll DVV-Chef Marcus Wittig Kommunalpolitikern erläutert haben, wie angespannt die Lage in Duisburg ist und die Notwendigkeit angedeutet haben, Einschränkungen vorzunehmen. Was er darunter versteht, sagte er nicht, wohl wissend, dass der Stadtrat über das Angebot im öffentlichen Nahverkehr entscheidet. Er "bestellt" mit seinem Nahverkehrsplan, wo und wie oft Busse und Bahnen fahren. Er trägt allerdings auch die Verantwortung für die Finanzierbarkeit. Ein neuer Nahverkehrsplan hätte wie berichtet längst beschlossen sein sollen, muss nun wohl unter ganz anderen finanziellen Aspekten als noch vor vier oder fünf Jahren konzipiert werden. Und er muss berücksichtigen, dass Duisburg Einwohner verliert und damit kleiner wird. Theoretisch wäre es möglich, den gewünschten Nahverkehr auszuschreiben und privaten Anbietern den Zuschlag zu erteilen. Das war schon mehrfach in der Überlegung und ist in anderen Deutschen Städten längst passiert. Doch in Duisburg wird das vor dem Hintergrund, dass sich SPD und Verdi einig sind, eher nicht geschehen. Denn zu groß ist die Angst, dass ein Privater zum Beispiel Linienkürzungen zum Schaden der Stadt vornehmen könnte, dass es bei einer Privatisierung Entlassungen gibt oder nur noch Mitarbeiter beschäftigt werden, die auf Mindestlohnbasis bezahlt werden.

Schwierig wäre ein solcher Schritt derzeit auch, weil die DVG über die Gesellschaft VIA in einer Kooperation mit den Nahverkehrsunternehmen von Essen und Mülheim steckt, mit der Betriebskosten durch die Ausschöpfung von Synergien gesenkt werden sollen. Über VIA wird allerdings gestritten, unter anderem, weil die Einspareffekte nicht im erhofften Maße eintreten.

(RP)
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