72-jähriger Duisburger Rentner klagt gegen Rundfunkbeitrag

Duisburg · Nach einem Schlaganfall war die Frau des Duisburgers von der Rundfunkgebühr befreit, den neuen Beitrag soll sie zahlen. Dagegen wehrt sich das Ehepaar.

 Wolfgang de Greiff und seine Ehefrau Sonja gehen nur noch selten aus dem Haus. Menschenmengen und laute Geräusche kann die 65-Jährige nach ihrem Schlaganfall nicht mehr ertragen.

Wolfgang de Greiff und seine Ehefrau Sonja gehen nur noch selten aus dem Haus. Menschenmengen und laute Geräusche kann die 65-Jährige nach ihrem Schlaganfall nicht mehr ertragen.

Foto: Christoph Reichwein

Wolfgang de Greiff gibt nicht nach. Beim Rundfunkbeitrag möchte er keine Ermäßigung, der 72-jährige Duisburger will am liebsten gar nichts zahlen. Bis vor vier Jahren musste er das auch nicht. Weil seine Frau Sonja an globaler Aphasie leidet, war sie von der Rundfunkgebühr befreit. Den neuen Rundfunkbeitrag soll sie hingegen bezahlen, wenn auch nur ein Drittel des Regelbetrags. Seit der Umstellung des Abgabenmodells zum Januar 2013 wehrt sich das Ehepaar nun schon dagegen. Gestern führte es die beiden deswegen sogar vor das Verwaltungsgericht. Eine Entscheidung steht noch aus.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert sich hauptsächlich über den Rundfunkbeitrag. Er beträgt monatlich 17,50 Euro und richtet sich anders als die Rundfunkgebühr nicht nach der Zahl und Art der Geräte, sondern fällt pro Haushalt an. 2015 lagen die erzielten Gesamteinnahmen bei 8,1 Milliarden Euro. Das sind - wegen einer Beitragssenkung im April 2015 um 48 Cent - 193 Millionen weniger als 2014. Die Zahlen für 2016 werden laut einer Sprecherin des Beitragsservice im Juni bekanntgegeben. Die Höhe des Beitrags wird von einer unabhängigen Kommission vorgeschlagen und von den Länderparlamenten per Gesetz festgelegt.

Hintergrund der Finanzierungsreform war die technische Entwicklung. Im Zeitalter des Internets können Fernseh- und Radiosendungen auch über Computer oder Smartphones verfolgt werden.

Sonja de Greiff hatte vor 16 Jahren einen Schlaganfall erlitten. Ihre rechte Körperhälfte ist seitdem gelähmt, die Sprache hat sie verloren (Aphasie). Ihr Grad der Behinderung liegt bei 100 Prozent, die 65-Jährige hat die Pflegestufe 3. Von der Rundfunkgebühr war sie darum befreit, dafür genügte damals eine mindestens 80-prozentige, dauerhafte Behinderung. Beim neuen Rundfunkbeitrag wird das auch noch berücksichtigt, allerdings führt dies nur zu einer Ermäßigung.

Dass Aphasiker von der Zahlung nicht generell ausgenommen werden, sei nachvollziehbar, sagt eine Sprecherin des Landesverbands der Aphasiker NRW. Denn nicht bei jedem Patienten verlaufe die Aphasie gleich, viele seien bei vollem Bewusstsein und könnten noch am kulturellen Leben teilnehmen, etwa ins Kino gehen. Nur für Behinderte, für die das Fernsehen die einzige Verbindung zur Außenwelt ist, wird der Beitrag nicht erhoben. Für Wolfgang de Greiff aber ist es dennoch unverständlich. Weil seine Frau Menschenmengen und laute Geräusche nicht mehr erträgt, gehen die beiden nur noch selten aus dem Haus. Veranstaltungen wie Konzerte oder Weihnachtsmärkte sind tabu. "Mir geht es nicht um die 5,83 Euro im Monat", sagt ihr Mann. "Mir geht es ums Prinzip." Auch seine Kontakte zur Außenwelt seien stark eingeschränkt.

Wolfgang de Greiff steht mit dieser Haltung nicht alleine. 2015 mussten die Rundfunkanstalten in rund 25,4 Millionen Fällen mahnen. 3900 Beitragsverweigerer zogen in diesem Zeitraum vor Gericht. Die Fälle nehmen zu, 2014 waren es 3100. Die Motive der Kläger sind unterschiedlich. Die einen verzichten bewusst aufs Fernsehen und haben gar kein Empfangsgerät. Andere empfinden ist es als ungerecht, als alleinlebende Person ebenso viel zahlen zu müssen wie ein Mehr-Personen-Haushalt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies die Klagen bislang ab.

Der WDR möchte sich nicht zu de Greiffs Klage äußern. "Aber ich werde mit der Klage so weit gehen, wie ich kann", sagt der Duisburger.

(RP)
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