Duisburg Händchenhalten reicht nicht

Duisburg · Vor 25 Jahren wurde das Hospizzentrum in Duisburg gegründet. Das wird am kommenden Wochenende gefeiert. Während am Samstag Workshops im Mittelpunkt stehen, gibt es am Sonntag ein Familienfest im Huckinger Steinhof.

 Annette Helling, Leiterin des Stationären Hospizes (links), im Gespräch mit der Bewohnerin Auguste Kehl. Rechts Mechthild Schulten und Walter Tewes.

Annette Helling, Leiterin des Stationären Hospizes (links), im Gespräch mit der Bewohnerin Auguste Kehl. Rechts Mechthild Schulten und Walter Tewes.

Foto: Christoph Reichwein

Kaum zu glauben, dass es die Hospizbewegung einst in Deutschland schwer hatte. Mechthild Schulten, die vor 25 Jahren das Hospizzentrum in Duisburg gegründet hat, berichtete gestern von der Überzeugungsarbeit, die sie einst leisten musste. Damals wurde den Befürwortern von Hospizen vorgeworfen, sie wollten die Schwerkranken in einem Ghetto verstecken. Dass dies nicht so ist, wird heute allgemein anerkannt. In einem Hospiz sollen die Schwerkranken optimal versorgt werden. Sie sollen so schmerzfrei wie möglich in einer freundlichen Umgebung leben.

Wie das Leben im Hospiz aussehen kann, zeigte gestern Auguste Kehl (80), die seit Donnerstag im Hospiz St. Raphael in Huckingen lebt. Sie berichtet bei heiterer Stimmung über ihr Leben dort, das ihr von Anfang an gut gefallen hat. Die Mutter von fünf Kindern (im Alter von 50 bis 60 Jahren) und sieben Enkeln kann wegen einer Tumorerkrankung nicht mehr alleine wohnen. Ihr ist klar, dass man ihr im Hospiz besser helfen kann als in einem Krankenhaus. Die Atmosphäre gefalle ihr, die Betreuung durch ausgebildete Pfleger und Krankenschwestern tue ihr gut.

Annette Helling, Leiterin des Stationären Hospizes, hob beim Pressegespräch das Hospizkonzept hervor, wonach der Mensch ganzheitlich in den Blick genommen wird. Dazu gehört auch, dass sie mit ihren Patienten freundlich und einfühlsam umgeht. Mechthild Schulten räumt aber ein mögliches Missverständnis auf: "Händchenhalten reicht nicht", sagt sie. Neben der psychosozialen Kompetenz, zu der auch mal das Händchenhalten oder das in den Arm nehmen gehören kann, wird im Hospiz auf hohem Niveau mit Mitteln der Schmerztherapie und Symptomlinderung gearbeitet.

Zu recht sollen die Patienten das Gefühl haben, dass sie von netten Menschen umgeben sind, die wissen, was bei Schmerzen zu tun ist und wie man optimal einen Menschen pflegt, der dazu selber nicht mehr in der Lage ist. "Viele Menschen, die zu uns kommen, haben schnell das Gefühl, dass sie nach den vorausgegangenen Wochen und Monaten hier endlich zur Ruhe kommen", berichtet Annette Helling. Mit der Gründung des ambulanten Hospizdienstes am ersten Standort im Hamborner Rathauscenter begann vor 25 Jahren die Erfolgsgeschichte des Malteser Hospizzentrums. Schon ein Jahr später kam das stationäre Hospiz hinzu, das 1999 von Hamborn in den Neubau in Huckingen in Nachbarschaft zum St.-Anna-Krankenhaus zog. Mittlerweile wurden durch die vielen festen und ehrenamtlichen Mitarbeiter mehr als 6000 Patienten und ihre Angehörigen begleitet. Zurzeit arbeiten im Hospizzentrum 31 hauptamtliche Mitarbeiter sowie 84 ausgebildete ehrenamtliche Mitarbeiter. Hinzu kommen 40 weitere Mitarbeiter, die im Secondhandladen, in Gremien oder beim Empfang arbeiten. Neben dem Stationären Hospiz gehört zum Hospizzentrum auch der ambulante Dienst, den seit 1993 Walter Tewes leitet. Er hatte als junger Krankenpfleger in England ein Praktikum in einem Hospiz absolviert. Die Briten waren im Hospizbereich weltweit Vorreiter; dort gibt es bereits seit 1968 Hospize. Tewes betreut zusammen mit vier weiteren Hauptamtlichen zurzeit 25 schwerkranke Erwachsene und 27 schwerkranke Kinder in deren häuslicher Umgebung. Das ambulante Team ermöglicht den Betroffenen ein Leben in der eigenen Familie, so lange das möglich ist. Man müsse bei jedem Einzelnen entscheiden, was angemessen ist: das Leben zu Hause oder in einem Stationären Hospiz, so Tewes.

Zur Hospizarbeit gehört seit 20 Jahren auch die Trauerberatung. Darüber und über andere Themen kann man sich beim Familienfest am Sonntag, 2. Juli, von 11 bis 17 Uhr, im Steinhof informieren (Düsseldorfer Landstraße 347). Dort gibt es u.a. ein attraktives Unterhaltungsprogramm für Jung und Alt. Rechtsanwalt Dr. Neyen hält Vorträge über Patientenverfügung (um 13 und um 15 Uhr). Nicht zuletzt werden zwei Führungen durchs Hospiz angeboten (die erste ab 11.45 Uhr, die zweite ab 13.45 Uhr). Die Besucher gehen vom Steinhof zum nahegelegenen Hospiz.

(pk)
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