Duisburg Hommage an Erich Fried

Duisburg · Mit einer Auswahl der schönsten Liebes-, Angst- und Zorngedichte des deutsch-österreichischen Dichters und Schriftstellers jüdischer Herkunft hat Georg Adler sein Publikum im KFZ in Homberg begeistert. Auch viel über den Menschen Fried und seine Zeit konnten die Zuhörer erfahren.

Homberg Mit besonderem Nachdruck sprach sich der Schauspieler Georg Adler am Dienstagabend im Disput für die Liebe aus: „Es ist lächerlich“, wetterte er für den Stolz. „Es ist leichtsinnig“, warnte er für die Vorsicht. „Es ist unmöglich“, donnerte er für die Erfahrung. „Es ist, was es ist“, beschloss er mit der Liebe.

„20 Jahre ist Erich Fried nun tot. Und schon ist sein Werk, wenn auch noch nicht vergessen, merklich verblasst“, bedauerte Adler am Anfang seiner Hommage an den 1921 in Wien geborenen jüdischen Lyriker. Rund 20 Besucher waren ins Kultur- und Freizeitzentrum an der Augustastraße gekommen, darunter auch viele Fried-Fans von außerhalb.

Erich Fried widmete sich nicht nur der politischen Dichtung. Er war auch Essayist und bedeutender Shakespeare-Übersetzer. Er mischte sich aktiv in die deutsche Politik der Nachkriegszeit ein, hielt Vorträge und nahm an Demonstrationen teil. Dadurch geriet er oft in Konflikt mit der öffentlichen Meinung, musste sich sogar vor Gericht verteidigen. Adler gab einen umfassenden Überblick über sein Leben und sein Werk. Das persönlich erlebte Grauen des Krieges, der drohende Atomkrieg und die Unterdrückung der Menschenrechte sind zentrale Themen der Gedichte Frieds.

Den Zuhörern lief es nicht nur einmal kalt über den Rücken. „Sie waren sehr aufmerksam“, lobte Adler sein Publikum nach der Lesung. „Das half mir, die nicht immer leichte Kost herüber zu bringen“.

Frieds Vater starb nach einem Gestapo-Verhör, seine Großmutter wurde im Konzentrationslager getötet. „Der Überlebende“ fragt sich in der letzten Zeile des Gedichts, nach der Flucht aus Wien: „Wie oft muss ich sterben dafür, dass ich dort nicht gestorben bin?“. In London gründete Fried eine Selbsthilfegruppe, die vielen, auch seiner Mutter, zur Flucht verhalf.

Im Dialog mit den Zuhörern

Neben ernsten und zynischen Gedichten, schrieb Fried auch romantische Liebesgedichte. Mit seiner ausdrucksvollen Gestik und wandelbaren Mimik ging der in Düsseldorf geborene, in Homberg lebende Adler in den Texten auf. Er konnte sein ganzes Improvisationstalent einsetzen, um die vielen Facetten der Dichtung zu verdeutlichen.

Adler gab viele Literaturvorschläge und war stets im Dialoge mit seinen Zuhörern. „Literatur-Rezitationen waren immer mein besonderes Steckenpferd“, erzählte er. „Mit einigen Lyrikern ist es schwerer, die Leute zu begeistern. Die meisten fragen nach etwas Heiterem.“

Die Besucher erlebten ein wortgewaltiges Programm. „Das Wort ist mein Schwert, und das Wort beschwert mich“, so Fried in „Logos“. Viel Anregung zum Nachdenken bekamen die Zuhörer mit auf den Weg. Dazu braucht der Lyriker in „Die Lüge von den kurzen Beinen“ nur zwei Sätze: „Die Beine der größeren Lügen sind gar nicht so kurz. Kürzer ist oft das Leben derer, die an sie glauben“.

(RP)
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