Duisburg Idyllisches Haus wird zum Alptraum

Duisburg · Erwin Kolibabka wohnt in Baerl mit Blick ins Rheinvorland. Doch unter ihm ist die Erde ständig in Bewegung. Die Folgen sind seit Jahren immer wieder Schäden an der Bausubstanz.

 Erwin Kolibabka ist es leid: Immer wieder treten in seinem Haus Schäden auf, die durch den Bergbau verursacht werden. Nun hat er die Ruhrkohle AG verklagt.

Erwin Kolibabka ist es leid: Immer wieder treten in seinem Haus Schäden auf, die durch den Bergbau verursacht werden. Nun hat er die Ruhrkohle AG verklagt.

Foto: Christoph Reichwein

Von seinem sehr gepflegten Haus an der Schulstraße in Baerl schaut Erwin Kolibabka über die Rheinwiesen in Richtung Walsum. So idyllisch der Ausblick, so sind es auch seine Immobilie und die seiner Nachbarn. Wer hier wohnt, der hat schon ein schönes Fleckchen Erde vor seiner Haustüre. Nicht ohne Grund zählt der Stadtteil im Westen zu den bevorzugten in Duisburg. Doch für Erwin Kolibabka ist dieses vermeintliche Paradies voller Alpträume. Er hat gegen die Verursacherin dieser Träume, die Ruhrkohle AG, geklagt.

Das Elternhaus seiner Ehefrau steht auf der Kante einer so genannten Erdstufe, die sich tief unter der Immobilie befindet und Folge des jahrzehntelangen Kohleabbaus von Walsum unterm Rhein in Richtung Westen ist. Das Gelände ist dadurch quasi ständig in Bewegung. "Mein Grundstück ist in den vergangenen Jahrzehnten in der Länge um 25 Zentimeter gewachsen", sagt der 73-Jährige und kann sich darüber gar nicht freuen. Denn Haus und Garten rutschen quasi ab in Richtung Rhein. Seit den 70er Jahren sind in dem Gebäude mindestens 30 Mal Sanierungsarbeiten unterschiedlichen Umfangs ausgeführt worden. Das reichte von kleineren Ausbesserungen an Rissen bis zur Komplettsanierung vor 25 Jahren. Damals musste die Familie länger als ein halbes Jahr im Gartenhaus leben. Die Handwerker reparierten und besserten alles aus, was durch die Bergsenkungen beschädigt worden war. Ein Ringanker wurde um das Haus gelegt, alle Böden, Decken und Wände instandgesetzt, Fenster und Türen "geradegerückt" - alles auf Kosten der Ruhrkohle AG, die überall in ihrem landesweiten Abbaugebiet derartige Schäden weitgehend anstandslos regulierte - bis vor wenigen Jahren.

Als Kolibabka 2014 am Eingang seines Hauses wieder einmal Risse feststellte, sperrte sich das Unternehmen und verwies darauf, dass es sich dabei um bauphysikalische Schäden handle, auf deutsch: Handwerkerpfusch. Vorher argumentierte es, es seien Frostschäden gewesen - mitten im August - dann, dass es keine Bergschäden seien, weil die Zeche ja schon geschlossen sei. Erstmals reichte Kolbibaka daraufhin Klage ein. Der vom Gericht beauftragte Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass es sich einwandfrei um Schäden durch den Bergbau handelt.

"Bis dahin hatte die Ruhrkohle AG noch signalisiert, das Ergebnis des Gutachtens anzuerkennen. Doch daraus wurde nichts", berichtet Josef Könitz, Anwalt der Kolibabkas. Das Unternehmen wollte ein neues Gutachten, was das Gericht ablehnte. Bei Reparaturkosten in geschätzter Höhe von 3000 Euro hätten die Ausgaben dafür in keiner Relation gestanden. Und was für Könitz und Kolibabka völlig überraschend und nicht nachvollziehbar war: Die Ruhrkohle/Deutsche Steinkohle AG, gegen die die Klage gerichtet war, sei der falsche Adressat. Denn die Steinkohle AG gäbe es ja nicht mehr. Die Klage hätte allein an die Ruhrkohle AG gerichtet sein müssen. Dass bis dato sämtliche Korrespondenz über die zunächst genannte Adresse gelaufen war, zählte plötzlich nicht mehr. Könitz kann sich zwar kaum vorstellen, dass die RAG mit dieser "Spitzfindigkeit" durchkommt, aber noch steht das Urteil aus. Und bis dahin sitzt Kolibabka auf den Ausgaben für Anwalt, Gutachten, Gericht usw..

Auch wenn sich die Mauer, die sein höher gelegenes Grundstück zu den Rheinwiesen abgrenzt, Stück für Stück neigt, auch wenn Bodenfliesen im Haus und Klinker an den Außenwänden wieder reißen und Fugen auseinanderplatzen - der pensionierte Ingenieur wird sein Haus nicht verkaufen. Grund: Er würde auf der Immobilie sitzen bleiben. Denn die Schäden durch den Bergbau ließen sich weder verschweigen noch verheimlichen. Sie sind unübersehbar da. Immer!

(RP)
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