Duisburg Jobcenter: 27.000 "echte" Arbeitslose

Duisburg · Werner Rous, neuer Leiter des Duisburger Jobcenters, ist für insgesamt rund 72.000 Kunden zuständig. In seinem Aufgabengebiet sieht er keine so großen Unterschiede zwischen Düsseldorf und Duisburg.

Zu seinem neuen Arbeitsplatz in Duisburg hat es Werner Rous von seinem Dinslakener Wohnort nur noch halb so weit. Bis vor wenigen Wochen leitete er noch das Jobcenter in Düsseldorf, nun ist er hier an der Friedrich-Wilhelm-Straße der Chef. "Die Bundesanstalt hat mir noch nie ein unsittliches Angebot gemacht. Darum habe ich die Möglichkeit, nach Duisburg zu wechseln, auch sofort angenommen", ohne Widerspruch, ohne Vorbehalt.

Denn das Paradies liegt offenbar genau so wenig in der Landeshauptstadt wie die Hölle in Duisburg. "Düsseldorf hat ähnlich viele Langzeitarbeitslose wie Duisburg und dazu noch einen hoch anspruchsvollen Arbeitsmarkt", sagt er. Zudem ist der gebürtige Oberhausener bestens mit der Ruhrgebietsmentalität und -geschichte vertraut, was in seiner Funktion nicht unbedingt nachteilig ist.

72 000 Kunden betreut das Jobcenter zur Zeit, darunter sind diejenigen, die aufgrund ihres Alters (Kinder) noch nicht arbeiten dürfen und können, diejenigen, denen jegliche Sprach- und Berufsqualifikation gänzlich fehlt, weil sie aus dem Ausland hierher gekommen sind, aber ebenso arbeitslose Akademiker. Rous rechnet mit rund 52 000 Menschen, die im Grundsatz arbeitsfähig sind. Von ihnen sind allerdings nur 27 000 "echte" Arbeitslose.

Die übrigen haben zum Beispiel zusätzlich zu den Bezügen des Jobcenters Teilzeitjobs, sind (vorübergehend) krank oder fallen aus, weil sie kleine Kinder zu betreuen haben. Kein Wunder, dass Werner Rous dazu rät, "immer genau hinzuschauen", wenn von der großen Zahl der Bezieher von Transfereinkommen die Rede ist. "Ich wünsche mir, dass die Arbeitgeber unsere Klienten besser kennenlernen und ihnen zumindest eine Chance geben", sagt er. Das Jobcenter wiederum reagiert auf die unterschiedlichen Gruppen und Voraussetzungen mit möglichst maßgeschneiderten Angeboten.

Zum Beispiel mit dem Projekt "Fit für Job", das ältere Arbeitssuchende und eher kleinere Arbeitgeber zusammenbringt. Künftig besuchen Fachleute des Jobcenters diese Betreibe und loten aus, wo Personalbedarf besteht. Sie nehmen Kontakt zu einem geeigneten Arbeitslosen auf, bringen ihn und den möglichen Arbeitgeber zusammen und begleiten ihn ein halbes Jahr lang im Betrieb. "Wenn das sechs Monate lang gut gegangen ist, dann klappt es auch länger", so die Erfahrungen von Rous, der bereits seit rund 35 Jahren für die Bundesagentur arbeitet. Dieses engmaschige Angebot zum Wiedereinstieg in das Berufsleben sollen künftig deutlich mehr Kunden des Jobcenters angeboten bekommen - mehr oder minder freiwillig. Wer ablehnt, riskiert, dass ihm seine Bezüge gekürzt werden.

Zum Beispiel mit der Jugendberufsagentur: An der Wintgensstraße wird die Gruppe derjenigen "motiviert", die nach Ansicht von Rous gar nicht erst langzeitarbeitslos werden dürfen.

Auch wenn in der Wirtschaft die Nachwuchssorgen wachsen, "so weit sind wir noch nicht, dass alle angenommen werden", sagt der 60-jährige Geschäftsführer. Gerade bei diesen jungen Leuten sei oft viel Vorarbeit notwendig, um sie überhaupt ausbildungs- bzw. arbeitsfähig zu machen. Aus- und Fortbildungsmaßnahmen seien nötig. Manche Teilnehmer hätten keinen Schulabschluss, andere keine Ahnung davon, für welchen Beruf sie geeignet sind. Manche hätten noch nie eine qualifizierte Bewerbung geschrieben oder schreckten davor zurück, regelmäßig und zuverlässig zum Lernen bzw. Arbeiten zu erscheinen. Zum Glück, so Rous, gehe die Jugendarbeitslosigkeit zurück, was für ihn auch ein Zeichen ist, dass die Angebote greifen.

Zunehmend muss das Jobcenter sich mit einer Gruppe von Hartz-IV-Beziehern befassen: Seit dem Jahreswechsel stellen immer mehr Rumänen und Bulgaren Anträge auf finanzielle Hilfe. Zum Jahresanfang 2014 waren es noch nicht einmal 1000, inzwischen nähert sich das Jobcenter schon der 3000er Grenze "mit Aufwärtstrend in Hunderter- Schritten", so Rous. Für viele von ihnen sei der Arbeitsmarkt aber versperrt, weil sie kein Wort Deutsch sprechen. "Sprache ist und bleibt aber nun einmal das A und O". Denn anders als früher könne heute nicht einmal mehr ein Hilfsarbeiter eine einfache Tätigkeit ohne sprachliches Basiswissen ausüben.

(RP)
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