Duisburg Kinovergnügen bei strömendem Regen

Duisburg · Die Erstaufführung der Generationskomödie "Wir sind die Neuen" zum Auftakt des Sommerkinos lockte erneut die Besucher in die Gießhalle des Landschaftsparks - trotz des überaus schlechten Wetters.

 Wie gut, dass die Zuschauer beim Open-Air-Kino ein Dach über dem Kopf haben. Bei dem Regen der vergangenen Tage wäre der Kinobesuch sonst zu einer sehr feuchten Angelegenheit geworden.

Wie gut, dass die Zuschauer beim Open-Air-Kino ein Dach über dem Kopf haben. Bei dem Regen der vergangenen Tage wäre der Kinobesuch sonst zu einer sehr feuchten Angelegenheit geworden.

Foto: Christoph Reichwein

Auch wenn es in den vergangenen Tagen nicht den Anschein machte: Es ist Sommer - und zu diesem gehört in Duisburg das Stadtwerke-Sommerkino, das an seinem Eröffnungsabend am Mittwoch dem anhaltenden Regen trotzte. Kai Gottlob, Geschäftsführer des Filmforums, freute sich, dass so viele "mit durch den Abend geschwommen sind". Wie üblich war die Gießhalle ausverkauft. Nicht dass es dazu einen besonderen Anlass bräuchte, doch den gab es: die Erstaufführung der Generationskomödie "Wir sind die Neuen" in der Regie von Ralf Westhoff, der auch das Drehbuch schrieb, und von den Machern Florian Deyle und Martin Richter.

Altersarmut ist das Stichwort. "Es geht um eine WG, die sich wiederfindet", sagte Florian Deyle. Nach 35 Jahren. Die 70er-Jahre-Studenten treffen auf eine Studenten-WG, "die so ganz anders ist, als man denkt". Angetrieben vom Karrieredruck kennen sie nichts anderes als überdiszipliniertes Büffeln fürs Examen beziehungsweise den Bachelorabschluss in einem straff organisierten Alltag.

Dagegen verbrachte Biologin Anne, gespielt von Gisela Schneeberger, ihr Leben damit, die Population der Schleiereule voranzutreiben. Ein ebenso idealistisches wie profitloses Ziel. Vom Ehemann für eine Jüngere verlassen, kann sie ihre Wohnung allein nicht mehr bezahlen. "Dritter Stock ohne Aufzug?! - Kannste doch eh nicht mehr lange machen!" So blaffte die junge studierende Nachmieterin Anne aus ihrem Zuhause. Und auf ging die Suche nach den Kommilitonen von damals, die ebenfalls weder Partner noch Geld hatten. Anne findet Micheal Wittenborn in der Rolle des Rechtsanwalts Johannes, der einfach zu vielen Menschen half, die sich keinen Anwalt leisten konnten.

Den "dummen Spießer" Günther mit "acht Zimmern - alle Richtung Süden" konnten sie für ihre WG-Idee nicht gewinnen. Dafür aber "Arschloch" Eddie, gespielt von Heiner Lauterbach, der auf seinem Lebensweg "eine Schneise der Verwüstung hinterließ". Für Lauterbach sei es eine besondere Herausforderung gewesen, diese Rolle zu spielen, erzählte Deyle. In den Reichen, über welche die Ex-Studenten lästern, habe er sich selbst wiedererkannt. Allen Dreien gefiel das Drehbuch und sie sagten schnell zu. Für die drei Musketiere im Film tat sich "ein Spalt im Kontinuum auf, der die glorreiche Zeit der Vergangenheit mit der Zukunft verbindet", so dachte Anne laut.

Kaum in der neuen WG eingezogen, machten ihnen die Studenten von heute - Claudia Eisinger, Karoline Schuch und Patrick Güldenberg als Katharina, Barbara und Thorsten - jedoch schonungslos und unmissverständlich deutlich: "Ihr seid die Vergangenheit und wir die Zukunft. Wir sind eure Ablösung." Und die Zukunft hat keine Zeit und "keine Kapazitäten", um für die Alten einzukaufen oder etwas im Handy-Menü zu erklären. Überhaupt sei es "eine sensible Zeit" so kurz vorm Examen, in der sie keinerlei Störung duldeten.

Schon das Reden in der WG unter ihnen war für die Burn-Out-Kandidaten ein Grund, um sich immer wieder bollernd zu beschweren. Von der Hausflurreinigung ganz zu schweigen.

Herrschte anfänglich noch Euphorie in der "Tattagreis-WG", wie sie die Jungen nannten, stellte sich dieses Leben dann doch weniger aufregend dar als es gerade Anne hoffte. Mit vergrabenem Gram dafür aber umso schwieriger. Zeitgleich zerbrach über ihnen die Disziplin und zeigte die Menschen hinter den ambitionierten Zielen: Thorsten erlag einem Bandscheibenvorfall, die taffe Katharina hatte eine von Heularien begleitete Beziehungskrise und Barbara eine Lernblockade. Für Letzteres hatte Johannes die passende Lösung: viel Wein und juristische Erfahrung.

Am Ende gingen die Alten für die Jungen einkaufen. Die Generationen näherten sich an. Denn die einen hatten die Kommunikationsmittel und die anderen hatten etwas zu sagen, wie es Johannes auf den Punkt brachte, als er zusammen mit Barbara und Thorsten, aber ohne seine neue FDP-Brille ein Jura-Online-Seminar aufzeichnete.

"Wir sind die Neuen" erzählt liebevoll feinsinnig, mit sehr viel Humor und der nötigen Zuspitzung eine Geschichte von der Zeit, von Veränderung und vom Sinn. Mit der Möglichkeit, voneinander zu lernen und die Mitte zwischen Idealen und Karriere zu finden. Wenn man sich denn die Zeit nimmt und miteinander redet.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort