Duisburg Klavier-Repertoire und Synkopen-Suite

Duisburg · Der Pianist Jeremy Denk, geboren 1970 in den USA, gilt in seiner Heimat als Kult, in Europa noch als Geheimtipp. Sein Debüt beim Klavier-Festival Ruhr in der gut gefüllten Gebläsehalle im Landschaftspark Nord hat das vielleicht geändert, zumal das Duisburger Konzert live auf WDR 3 übertragen wurde.

 Jeremy Denk hat in seiner Heimat bereits Kult-Status.

Jeremy Denk hat in seiner Heimat bereits Kult-Status.

Foto: Frank Mohn

Nach der etwas zu luftig genommenen Englischen Suite Nr. 3 g-Moll BWV 808 von Johann Sebastian Bach kam der Clou des Konzerts. Jeremy Denk hatte acht kurz(weilig)e Stücke zusammengestellt, deren Rhythmus "zerrissen" ist und die er zuvor witzig und in deutscher Sprache vorstellte. Das ging chronologisch von der Renaissance (The Passing Mesures: The Nynthe Pavan aus "Mye Lady Newells Book of Virginal Music" von William Byrd) bis zu den 1980er Jahren (der besonders vertrackte Canon No. 1 aus "Two Canons for Ursula" von Conlon Nancarrow), in der Reihenfolge von dem Ragtime-Urvater Scott Joplin bis zu Donald Lamberts Jazz-Version des Pilgerchores aus der Oper "Tannhäuser" von Richard Wagner. Zu der "Piano-Rag-Music" von Igor Strawinsky merkte Denk an "kubistisch, mit einem Glas Martini in der Hand" und zu dem finalen Ragtime aus der "Suite 1922" op. 26 von Paul Hindemith "Ein Pianist ist verrückt geworden, ein Angriff auf das Klavier." Bei etwas weniger überdrehten Tempi wäre das Bild sicherlich noch deutlicher gewesen. Jedenfalls kam der Witz an der Sache sehr schön herüber.

Als zweiten, rahmenden Repertoirepfeiler gab es nach der Pause noch die letzte und längste Sonate B-Dur D 960 von Franz Schubert. Denks Aufführung wirkte vor allem im Kopfsatz grenzwertig darin, ständig das Tempo zu wechseln, je nach dem Charakter der betreffenden Passage. Im Ganzen gelang es ihm durchaus, das Wesen dieser Sonate als tiefen Traum zu erfassen, fast wie einen Alptraum. Noch mehr Ruhe hatte die Zugabe, das war der langsame Mittelsatz aus der Sonate C-Dur KV 545 von Wolfgang Amadeus Mozart.

Im nächsten Duisburger Konzert des Klavier-Festivals am kommenden Dienstag, 30. Mai, um 20 Uhr, in der Gebläsehalle, spielt das bewährte Klavierduo Katia & Marielle Labèque Werke von Strawinsky, Claude Debussy und Philipp Glass. Der Abend ist längst ausverkauft, es gibt aber eine Warteliste im Internet unter www.klavierfestival.de.

(hod)
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