Duisburg Langsame Züge bremsen Rettungsdienst

Duisburg · Güterbahnen fahren teilweise mit nur 20 Stundenkilometern über die Gleise in Wanheim. Lange Wartezeiten an den Bahnübergängen sind die Folge - auch für den Rettungsdienst.

 Die Feuerwehr muss an der geschlossenen Schranke warten: Immer wieder gibt es solche Bilder am Bahnübergang in Wanheim. Ein Grund sind die langsam fahrenden Züge.

Die Feuerwehr muss an der geschlossenen Schranke warten: Immer wieder gibt es solche Bilder am Bahnübergang in Wanheim. Ein Grund sind die langsam fahrenden Züge.

Foto: ARchiv

Ende vergangenen Jahres räumte die Stadt erstmals ein, was Kritiker lange vermutet hatten: Die Feuerwehr hat wegen der dortigen Bahnschranken ein Problem damit, Alt-Wanheim in der vorgesehenen Hilfsfrist zu erreichen. "Leider können wir die Schließzeiten an den besagten Bahnübergängen nicht weiter optimieren", teilt dazu jetzt ein Bahnsprecher auf Anfrage der Redaktion mit. Stattdessen soll die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr verbessert werden. Für die beste Lösung freilich hält die Bahn den Bau einer Über- oder Unterführung.

Seitdem die DB-Netz-AG die Wanheimer Güterbahn für Tempo 50 ertüchtigt hat, gibt es dort für alle anderen Verkehrsteilnehmer Probleme: Erst gab es Anlaufschwierigkeiten mit den damals neuen Ampeln an Heiligenbaumstraße und Atroper Straße, die zu langen Wartezeiten an den Bahnübergängen führten. Dann musste die Bahn jahrelang Sicherungsposten aufstellen, die verhinderten, dass Fußgänger, denen das Warten zu lange dauerte, um die damaligen Halbschranken herum huschten und sich so in Gefahr brachten. Das Problem wurde gelöst, indem die Halbschranken zu Vollschranken umgebaut wurden. Schließlich tauchte das Problem mit dem Rettungsdienst auf.

Tatsächlich fährt kaum ein Zug dort mit 50 Stundenkilometern. Zusammen mit Manfred Sander aus Huckingen haben wir die Geschwindigkeit von fünf Zügen zwischen Kilometertafel 3,0 in Höhe von Logport 2 und Tafel 4,0 in Höhe Atroper Straße gestoppt: Am langsamsten ist ein Güterzug mit Schüttgutwagen, der in Richtung Hüttenwerke Krupp-Mannesmann unterwegs ist. Er legt den Kilometer mit Tempo 20 zurück. Am schnellsten ist eine solo fahrende Diesellok, die in Gegenrichtung unterwegs ist. Sie bringt es auf 36 Kilometer pro Stunde. Im Durchschnitt ergeben sich für diese fünf Züge gerade einmal 25 Stundenkilometer, die Hälfte der möglichen Geschwindigkeit. Alleine dadurch entstehen folglich doppelt so lange Wartezeiten an den Bahnschranken, wenn denn die Schließzeiten der Schranken an der Höchstgeschwindigkeit eines Zuges orientiert sind. Denn Atroper Straße und Heiligenbaumstraße schließen gleichzeitig. Folglich wartet man davor bei einem Zug aus Richtung Süden umso länger, je weiter entfernt ein Zug von ihnen ist und je langsamer er fährt.

Die Bahn bestätigt diese Beobachtungen. Ja, es stimme, dass Tempo 50 selten erreicht wird. "Deshalb haben wir die Einschaltkontakte der Bahnübergänge auf die tatsächlichen Geschwindigkeiten optimiert", so ein Bahnsprecher. Aber mehr sei auch nicht möglich.

Das Schließen der beiden Bahnübergänge Heiligenbaumstraße und Atroper Straße sei an die Signalstellung geknüpft. Das Einfahrsignal vom Bahnhof Wanheim aus Richtung Süden zum Beispiel befindet sich gleich hinter dem Bahnübergang Richard-Seiffert-Straße. Es kann erst auf "Fahrt frei" gestellt werden, wenn die Schranken geschlossen sind. Die wiederum können nur schließen, wenn der Bahnübergang geräumt ist. Steht das Signal bereits auf "Fahrt frei", wenn der Zug ihm naht, kann der mit relativ hoher Geschwindigkeit passieren. Wird es dagegen erst kurz vor dem Passieren des Zuges auf grün gestellt, rollt der Zug langsam heran, muss gar abbremsen und wieder anfahren. Das kostet Zeit.

Im Unterschied dazu ist der Bahnübergang Richard-Seiffert-Straße nicht von einer Signalstellung abhängig und wird über einen Kontakt am Gleis geschaltet. "Er ist auf die Streckengeschwindigkeit zur Annäherung an den Bahnübergang optimiert berechnet worden", so ein Bahnsprecher.

Inzwischen ist die Erreichbarkeit Wanheims für den Rettungsdienst wieder Thema in der Bezirksvertretung Süd. Dort fragte die SPD jetzt nach, ob denn die Angaben der Feuerwehr jahrelang falsch gewesen seien, wonach es keine Probleme gebe. Denn Anfang Januar hatte der damalige Feuerwehr-Chef Uwe Zimmermann eingeräumt, dass die Hilfsfrist im Rettungsdienst 2014 in fünf Prozent der Fälle nicht eingehalten werden könne. Die Stadtverwaltung antwortete jetzt darauf, die Angaben der Feuerwehr waren und sind richtig. Von 230 Notfalleinsätzen in Alt-Wanheim in den Jahren 2009 und 2010 sei die Hilfsfrist von sechs Minuten Anfahrzeit von der jeweiligen Feuer- oder Rettungswache in nur zwei Fällen überschritten worden - und das nur um maximal 39 Sekunden. Eine Auswertung von 127 Einsätzen im Jahre 2014 habe dagegen das Überschreiten in fünf Prozent der Fälle ergeben. "Die Wartezeiten vor geschlossenen Schranken sind häufiger und länger geworden."

Bereits Anfang 2014 sei darüber mit der Bahn gesprochen worden. "Höhere Frequenz im Güterverkehr und geränderte Schrankenanlagen haben zur Folge, dass diese häufiger und länger geschlossen sind", heißt es zu der SPD-Anfrage. Allerdings habe die Bahn damals zunächst internen Beratungsbedarf hinsichtlich möglicher Verbesserungen gehabt. "Alle Versuche der Feuerwehr, den Kontakt erneut herzustellen, blieben erfolglos." Dann habe sich die neue Beigeordnete Dr. Daniela Lesmeister eingeschaltet. Am 21. Mai wird ein Vertreter der Bahn in der Bezirksvertretung erwartet.

(RP)
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