Duisburg Leben mit der Angst

Duisburg · Nach den jüngsten Ausschreitungen in der Silvesternacht in Hochheide bestimmt Unsicherheit den Alltag. Viele der Anwohner trauen nicht mehr auf die Straße und den Marktplatz, wenn es dunkel wird.

Die Angst geht um in Hochheide. Zwölf Tage nach den Krawallen in der Ladenstadt wollen – und vor allem können – die Anwohner und Bürger nicht zur Ruhe kommen. Sie richten ihren Alltag ganz nach dem Tageslicht aus. Nur wenige trauen sich nach Sonnenuntergang, wenn es langsam dunkel wird und nur noch ein paar wenige Lichter in den Hochhäusern an der Otto- und Hanielstraße angehen, auf die Straße.

„Ich erledige meine Einkäufe lieber am Tag.“, sagt eine Frau, die ihren Namen nicht nennen will. Zu groß ist auch ihre Angst vor denen, die nachts die Straßen und vor allem den Markplatz unsicher machen. Seit 14 Jahrem wohnt sich ganz nah an dem Ort, an dem in der Silversternacht die Einkaufswagen und Fahrradständer in die Fensterscheiben geflogen sind. Erst vor knapp vier Jahren habe sich die Situation drastisch verändert. Wegziehen? Kommt für sie und ihren Mann nicht in Frage. „Wir haben hier eine Eigentumswohnung, haben ein ganzes Leben darauf hin gespart.“ Und sie fügt noch hinzu: „Wer würde denn jetzt noch die Wohnung kaufen, nach all dem, was passiert ist?“

Direkt auf dem Marktplatz glänzt an diesem Tag ein weißer Pavillon in der Sonne. Menschen stehen drumherum, machen ihrem Ärger Luft. Den Pavillon hat der Verein „Bürger für Bürger“ aufgestellt, zwölf Stunden lang, von zehn Uhr am Morgen bis um 22 Uhr am Abend wollen die Mitarbeiter des Vereins die Ängste der Hochheider Bürger aufnehmen, mit ihnen ins Gespräch kommen. In unmittelbarer Nähe zum Pavillon hat sich ein Mannschaftsbus der Polizei postiert. „Die kontrollieren jetzt hier regelmäßig – und seitdem ist es ein bisschen ruhiger geworden“, sagt ein Mann, der wie alle anderen seinen Namen nicht nennen möchte. Tatsächlich ist das Bild, dass an diesem Morgen von Hochheide gezeichnet wird, ein ganz anderes, als das, was in den Abendstunden vorherrscht. Junge und ältere Paare schlendern zum Supermarkt, erledigen ihre Einkäufe, Senioren laufen gemächlich über den großen Platz. Doch das Bild trügt: Eine Frau deutet mit dem Finger auf die Stahlbänke in einiger Entfernung: „Hier treffen sie sich immer abends. Dann traue ich mich schon nicht mehr daran vorbei zu gehen.“ Zu oft wurde sie schon beschimpft. „Und wo bleiben die Politiker?“ fragt ein anderer. „Hier muss endlich etwas geschehen“, macht er seiner Empörung Luft und gibt damit die einhellige Meinung aller wider, so scheint es. Kopfnicken, leises Murmeln bestätigt. Lösungen fordern alle für das Problem, den Brennpunkt, damit sie wieder ohne Angst auf die Straße gehen können.

(RP)
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