Duisburg Liebgewonnene Rituale und viel Bescheidenheit

Duisburg · Die Rituale fallen mir als erstes ein, wenn ich an meine Kindheits-Heiligabende denke. Allen voran das Aufsagen eines Weihnachtsgedichtes und das Musizieren auf der Flöte, dann das unerträgliche Warten im Kinderzimmer und später vor der Türe zum verdunkelten Wohnzimmer, bis das Christkind endlich das Glöckchen am Tannenbaum kaum hörbar läutete. Ich erinnere mich an das Traditionsessen, den Sieben-Zutaten-Heringssalat, an den Besuch der Christmette zu später Stunde. Ach ja, und daran, dass ich in der Vorweihnachtszeit ein Spielzeug an das Kinderheim Maria in der Drucht abgeben musste, wollte ich am 24.12 ein neues bekommen.

 Hildegard Chudobba

Hildegard Chudobba

Foto: ???

Damals waren Wunschzettel noch keine Bestelllisten, und vielleicht war darum die Freude über die vergleichsweise bescheidenen Geschenke stets ehrlich und groß. Immer gab es neben Puppenwagen auch Praktisches, nämlich Winterkleidung oder neue Schlafanzüge. Und immer stand neben den bunt verpackten Paketen für jedes der drei Kinder ein Teller mit Süßigkeiten, Nüssen und - vor allem - mit Mandarinen. Alles war viel bescheidener als heute. Meine Mutter ließ sich beim Aussuchen, Kaufen und Verpacken der Geschenke immer viel Zeit. Ich glaube, in jedes steckte sie auch noch ein Stückchen Liebe.

Weil mich das Gedichte-Aufsagen schon als Kind genervt hat, habe ich später bei meinen Kindern darauf verzichtet. Und das Singen? Damit war spätestens Schluss, als meine beiden Söhne in den Stimmbruch kamen. Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Es gab noch eine Tradition: Wir hatten Zuhause große Krippenfiguren aus Ton, die ein befreundeter Künstler für meine Eltern modelliert hatte. An jedem Heiligabendvormittag ging mein Vater mit mir ins Blumengeschäft, und wir kauften fürs Christkind ausgetriebene rote Tulpenzwiebeln.

Heute nehme ich auch schon mal gelbe .....

(RP)
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