Loveparade-Prozess Ist das Gericht falsch besetzt?

Im Strafprozess zur Loveparade-Katastrophe in Duisburg erhebt die Verteidigung schwere Vorwürfe gegen das Gericht. Unterdessen verzögert sich der Fortgang des Prozesses durch Unterbrechungen und mehrere Anträge weiter.

 Das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter Mario Plein am zweiten Prozesstag im Loveparade-Prozess.

Das Gericht unter dem Vorsitzenden Richter Mario Plein am zweiten Prozesstag im Loveparade-Prozess.

Foto: dpa, cas exa

Die strafrechtliche Aufarbeitung der Katastrophe auf der Loveparade, bei der am 24. Juli 2010 in Duisburg 21 Menschen ums Leben kamen und 652 verletzt wurden, kommt nur mühsam in Gang. Auch der zweite Prozesstag im Düsseldorfer Congress-Centrum auf dem Messegelände war geprägt von Unterbrechungen, Formalitäten und Anträgen.

So reichten die Strafverteidiger eine umfassende Besetzungsrüge ein, deren Verlesung rund zwei Stunden in Anspruch nahm. Darin wurde erklärt, dass die Zuweisung des Verfahrens an die 6. Strafkammer des Duisburger Landgerichts aus Sicht der Verteidigung einen eklatanten Verstoß gegen das Grundgesetz darstelle. "Das ist reine Willkür", sagte ein Strafverteidiger. Hintergrund der Besetzungsrüge ist, dass zuvor die fünfte Strafkammer des Duisburger Landgerichts die Eröffnung eines Strafverfahrens abgelehnt hatte. Das Oberlandesgericht Düsseldorf als höhere Instanz hatte die Anklage nach einer Beschwerde dann aber zugelassen und zurück an das Duisburger Landgericht gegeben — allerdings an die sechste Strafkammer. "Das ist rechtswidrig", sagte ein Strafverteidiger.

Für die Verteidigung überraschend kam die Ausweitung der Anklage durch einen entsprechenden Hinweis des Gerichts. Der Vorsitzende Richter Mario Plein erklärte, dass die aus prozessökonomischen Gründen von der Staatsanwaltschaft auf 18 Fälle beschränkte Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzungen nun auf zum Teil 50 Fälle ausgeweitet werde. Die Strafverteidiger reagierten darauf mit Unverständnis. Das sei ein neuer Sachverhalt. Man müsse sich nun intensiv mit seinen Mandanten über die neue Situation beraten. Das könne eine Woche dauern, so ein Verteidiger. Der für Donnerstag angesetzte dritte Verhandlungstag fällt auf jeden Fall schon aus.

Das Landgericht hat am Mittwoch alle Prozesstermine bis Ende 2018 bekanntgegeben. Insgesamt sind 111 Verhandlungstage festgelegt. Vom 20. bis 28. Januar pausiert das Verfahren, weil dann auf dem Gelände die Publikumsmesse "Boot" stattfindet. Dabei drängt die Zeit. Bis 2020 muss ein erstinstanzliches Urteil gefallen sein, sonst verjähren die Vorwürfe. Angeklagt sind sechs Beamte der Stadt Duisburg und vier Mitarbeiter des Veranstalters wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Das öffentliche Interesse am Prozess scheint jedoch schon zu schwinden: Fast alle Zuschauerplätze blieben am Mittwoch leer; ebenso die der Pressevertreter.

(csh)
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