Duisburg Hochfeld Luxusautos und bittere Armut

Duisburg · In Hochfeld prägen immer mehr Bulgaren und Rumänen das Bild. Um einfriedliches Zusammenleben zu gewährleisten, unternimmt die Stadt eine Menge. Dazu gehört auch der Einsatz von bulgarischen und rumänischen Polizisten.

 Auf einem Parkplatz an der Wanheimer Straße werden illegale Geschäfte abgewickelt.

Auf einem Parkplatz an der Wanheimer Straße werden illegale Geschäfte abgewickelt.

Foto: Christoph Reichwein

In einer Seitengasse in Duisburg Hochfeld steht ein weißer Edelgeländewagen. Das Fahrzeug der Marke Porsche hat getönte Scheiben, breite Reifen und so teure Felgen, wie man sie beispielsweise an den Wagen von Bundesligafußballern findet. Der Wagen hat ein bulgarisches Kennzeichen. Wer vermutet, dass es sich dabei um einen Einzelfall handelt, liegt falsch. An der Straße parken jede Menge weitere Luxuskarossen. Dabei ist Reichtum nicht das, was man mit dem Bezirk nahe des Stadtzentrums verbindet. "Sobald es dunkel wird, boomt der Straßenstrich", empört sich ein Einzelhändler aus dem Viertel, der davon berichtet, dass viele seiner Kunden bereits in andere Stadtquartiere abgewandert sind.

Im ersten Halbjahr 2013 wurden im Duisburger Stadtgebiet 2974 Tatverdächtige aus Bulgarien oder Rumänien festgenommen. Im Vergleich dazu waren es im gesamten Jahr 2012 gerade einmal 1800. Kriminalität bleibt für viele der letzte Ausweg. Viele der sogenannten Armutsflüchtlinge leben bekanntlich in Duisburg in heruntergekommenen Wohnungen, bestreiten ihren Lebensunterhalt aus Kindergeld, Drogengeschäften Prostitution und Schwarzarbeit.

Seit inzwischen zweieinhalb Jahren kämpft Hochfeld mit einem großen Zuwanderungsproblem. Etwa 8000 Armutsflüchtlinge leben inzwischen in der Stadt, vorwiegend in Hochfeld und Marxloh. Die Menschen, die in ihren Heimatländern oft unter widrigsten Bedingungen leben, kommen mit der Hoffnung auf ein besseres Leben.

Die Realität ist eine andere: Männer bieten ihre Arbeit auf dem mittlerweile allseits bekannten Hochfelder Straßenstrich an, Frauen und auch junge Mädchen arbeiten als Prostituierte. "Klau-Kids" haben schon vielfach Schlagzeilen gemacht. Wie das zu den teuren Autos überall im Viertel passt?

Dr. Michael Willhardt, der sich mit seinem Verein "Zukunftsstadtteil" für die Belange Hochfelds einsetzt, schildert: "In letzter Zeit ist mehr Polizei im Einsatz, auch der Zoll ist neuerdings sehr präsent. Dadurch herrscht mehr Druck, die Situation hat sich nach außen hin verbessert." Nicht beurteilen kann er allerdings, was in den von außen nicht einzusehenden Hinterhöfen "abgeht". Viele der Einwanderer bemühen sich nach Beobachtungen der Anwohner darum, nicht aufzufallen, dazu gehört eben auch, Müllberge vor der Türe zu vermeiden, die die Blicke auf sich ziehen. Wer hinschaut, der sieht aber zum Beispiel auf dem Parkplatz, auf dem sich morgens der sogenannte Arbeiterstrich befindet und abends Prostituierte stehen, die zahlreichen Plastiktütchen, in denen Drogen verkauft werden.

Die Stadt und die Polizei wollen den Kriminellen unter den Armutsflüchtlingen ans Leder. In der kommenden Woche werden zwei Polizisten aus Bulgarien ihren Dienst in Duisburg antreten, bestätigte Sozialdezernent und Stadtdirektor Reinhold Spaniel. Zwei Beamte aus Rumänien sollen bald dazu kommen und auf Streifgängen mit deutschen Behörden ihre Landsleute ansprechen. "Aber das ist nur ein erster Anfang", sagt Spaniel, der kommende Woche nach Berlin reisen wird. Sein Ziel: die rumänische Botschaft. Zusätzlich will die Stadt fünf Integrationshelfer einstellen. "Es geht darum, den Menschen zu vermitteln, wie deutsche Behörden funktionieren, ihnen zu erklären, dass Impfungen für ihre Kinder etwas Gutes sind", sagt Spaniel.

Michael Willhardt begrüßt diese Idee, äußert aber auch Bedenken: "Ob das mehr als Polit-PR ist, weiß man nicht. Man wird abwarten müssen, ob es zur Verbesserung der Situation beiträgt", kommentiert der Soziologe. Dass bloße Belehrungen allein zu einer wesentlichen Verbesserung der Situation führen, glaubt allerdings kaum einer. "Wir brauchen einen Lastenausgleich zwischen den Kommunen, und man muss die Hilfen in den Herkunftsländern erhöhen", fordert deswegen Reinhold Spaniel.

Bis tragfähige Lösungen gefunden sind, schwelt der Konflikt zwischen den Flüchtlingen und der Bevölkerung weiter. Auseinandersetzungen im täglichen Zusammenleben stehen in Hochfeld auf der Tagesordnung und heizen die Stimmung an. Der Sozialdezernent weiß: "Viele unserer Instrumentarien funktionieren nicht mehr." Den Edel-Schlitten-Besitzern beispielsweise nachzuweisen, dass sie ihre Autos mit Geld aus kriminellen Geschäften bezahlt haben, ist kein Kinderspiel.

(RP)
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