Duisburg Mädchen erweitern in Ghana den eigenen Horizont

Duisburg · "Akwaba" hieß es jetzt in der Aula des St. Hildegardis Gymnasiums. Das bedeutet "Willkommen" auf Fanti, einem Dialekt ihrer Sprache Twi der Ghanaer. Von ihnen und ihrer Heimat berichteten 19 Schülerinnen aus dem Jahrgang Q1.

Drei Wochen waren sie Anfang dieses Jahres dort. Sie gingen in Moree zur Senior High Technical School und verbrachten in dem Küstendorf am atlantischen Ozean eine Zeit fernab des Afrika-Safari-Urlaubes und weit weg von zu Hause und der ihnen bekannten Kultur. "Wir sahen darin die Chance, den eigenen Horizont zu erweitern und die Welt aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten", so begründeten die Schülerinnen ihre Motivation. Und ihre Erwartungen wurden alles andere als enttäuscht, war ihr Fazit. Neben vielen Fotografien brachten sie aus Ghana ein Lied auf Fanti mit und auch zwei Trommelstücke. "Es gibt nichts, woraus die Ghanaer keine Feier machen", erzählen sie. In den Unterrichtspausen schnappten sich die Schüler Trommeln und tanzten dazu, immerzu sangen sie und in der Kirche aus voller Kehle. "Dort geht jeder sonntags in die Kirche. Auch die Jugendlichen."

"Viele von ihnen scheinen sehr fröhlich und glücklich", sagte auch Ursula Leiters, eine der beiden Lehrerinnen, die die Mädchen auf ihrer Reise begleitete. Die meisten Haushalte haben kein fließendes Wasser, weder die Häuser noch die Straßen sind befestigt, sie haben keine Müllabfuhr. Eines der Mädchen fühlte sich an Filme, die sie sah, erinnert: "Es war genau so, wie ich es mir vorgestellt habe." Das Dorf mit seinen etwa 12000 Einwohnern empfanden sie als sehr voll, voller Autos, ungeregeltem Verkehr und voller Menschen — speziell auf dem Markt. Und die Mädchen mittendrin — eine Attraktion für Ghanaer. "Alle wollten mit uns sprechen und uns anfassen. Auch in der Schule rissen sie sich darum, dass wir uns zu ihnen setzten. Manche waren sehr forsch."

Doch trotz der Nähe, die ihre Mitschüler suchten, blieben die "weißen Mädchen" Fremde in dem Land: "Besonders, als wir in unserer normalen Kleidung mit einem modernen, klimatisierten Bus in die Stadt fuhren, war die Distanz sehr stark zu spüren. Wenn wir unsere Schuluniform anhatten, war das schon anders. Um von ihnen als gleichwertig akzeptiert zu werden, hätten wir einfach mehr Zeit und eingehendere Sprachkenntnisse gebraucht", war ihre Ansicht.

In der Schule lernten sie gemeinsam Fanti, erfuhren viel über das Land und arbeiteten gemeinsam in verschiedenen Workshops. Um zu sehen, worin die Unterschiede zwischen den Ländern und Kulturen bestehen und was sie voneinander lernen können. Schon diese Form des schulischen Arbeitens war für die Ghanaer ungewöhnlich: "Dass sie selbstständig etwas erarbeiten und es dann den Lehrern und anderen Schülern als Experten vorstellen, ist dort meist erst an der Universität üblich", erläuterte Leiters. "Einige machten bei den Workshops am Nachmittag auch gar nicht mehr mit. Ihr Tag begann schon um vier Uhr früh." Sie unterstützen ihre Familie bei der Arbeit — holen Wasser aus dem Brunnen, gehen zum Fischen. "Manche Kinder und Jugendliche, gehen auch mal ein oder zwei Jahre gar nicht zur Schule, weil ihre Arbeitskraft gebraucht wird. Andere Familien können weder das Geld für eine Privatschule noch für die Uniform zum Besuch einer Schule aufbringen", so die Lehrerin.

Um viele Erfahrungen reicher, verließen die Schülerinnen des St. Hildegardis-Gymnasiums das Land und sehen das ein oder andere in ihrer Heimat jetzt mit anderen Augen. Das weiß Marion Müller, die im letzten Jahr dabei war, aus eigener Erfahrung: "Als ich wieder hier im Supermarkt war und mich mit dem Überangebot von Joghurt-Sorten konfrontiert sah, musste ich meinen Einkauf abbrechen." Im September kommt eine Gruppe aus Ghana zum Gegenbesuch nach Duisburg.

(amra)
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