Duisburg Marcus Wittig hält Wort

Duisburg · Der Umbau innerhalb des DVV-Konzerns mit Stadtwerken und DVG läuft wie geplant. Der Vorstandsvorsitzende ist zuversichtlich, ab 2019 wieder schwarze Zahlen schreiben zu können.

 Der Stadtwerketurm mit einem Stahlgerüst ohne die Rohre - an dieses Bild werden wir uns gewöhnen müssen.

Der Stadtwerketurm mit einem Stahlgerüst ohne die Rohre - an dieses Bild werden wir uns gewöhnen müssen.

Foto: Stadtwerke Duisburg

Der Blick aus dem Bürofenster von Marcus Wittig, Vorsitzender der DVV-Geschäftsführung, fällt derzeit auf einen "gerupften" Stadtwerketurm. Die erste der drei Röhren wird entfernt, die beiden anderen folgen in Kürze. Der Anblick steht sinnbildlich für den Umbau des Konzerns, den Wittig mit Nachdruck vorantreibt. Die Energiewende hat ihn und seine Kollegen gezwungen, nach neuen Wegen zu suchen. Denn Strom lässt sich heute am Markt fast um die Hälfte billiger einkaufen als selbst erzeugen. Verbunden ist die Neuausrichtung damit, sich von Gewohntem zu verabschieden und Neues zu wagen.

Mit dem Restrukturierungsprogramm "sind wir voll im Zeitplan", sagt Marcus Wittig. Rund 700 Arbeitsplätze (von insgesamt rund 4500) sind von dem Umbau betroffen. Etwa 300 Beschäftigte haben inzwischen neue Aufgaben übernommen oder den Konzern verlassen - weil sie anderswo eine Stelle gefunden hatten oder auch in (vorgezogenen) Ruhestand gegangen sind. "Man muss der Belegschaft für ihr Engagement, ihre Bereitschaft zur Flexibilität danken", so Wittig. Denn nur so sei es möglich, die Personalanpassungen zu realisieren, ohne Kündigungen aussprechen zu müssen.

Rund 80 Maßnahmen enthält der Katalog von "Repower", die nach und nach abgearbeitet wurden oder noch werden. Am Ende stehen nachhaltige Ergebnisverbesserungen von rund 45 Millionen Euro. Um sparen zu können, muss der Konzern aber auch investieren: zum Beispiel rund 17 Millionen Euro in den Bau des neuen Fernwärmespeichers am Standort Wanheim. "Die Bauvoranfrage ist gestellt. Wir planen, Anfang 2018 die Anlage in Betrieb zu nehmen", so Wittig. Auch die Bauarbeiten für die Verbindung des Duisburger Fernwärmenetzes mit der Fernwärmeschiene Niederrhein seien auf dem besten Weg.

Der DVV-Konzern hat sich programmgemäß von nicht mehr benötigten Immobilien getrennt (vom Fortbildungszentrum in Rheinhausen zum Beispiel) oder wird dies in Kürze tun (z.B. vom DVG-Bürohaus an der Mülheimer Straße). Derzeit wird ein Konzept entwickelt, um neue Produkte auf Basis digitaler Prozesse aus dem DVV-Konzern zu vermarkten. Im Herbst wird es dem Aufsichtsrat vorgestellt. Auch im Konzernbereich Nahverkehr (also DVG) sind die Weichen gestellt. Der Ausbau des zweiten Abschnitts vom Karl-Lehr-Brückenzug ist eingestielt. "Die Technik für das neue Zugsicherungssystem ist bestellt", sagt Marcus Wittig. Zudem ist vorgesehen, dass die DVG dann auch neue Straßenbahnen bekommt, 47 an der Zahl zum Stückpreis von rund 3,5 Millionen Euro. Die Finanzierung ist laut Wittig abhängig von der Direktvergabe und einem neuen Nahverkehrsplan, in dem die Politik festlegt, wie das künftige Angebot der DVG aussehen soll. Daraus könnten dann weitere Neuanschaffungen resultieren, die sich aus geänderten Fahrgastwünschen und anderen Streckenführungen ergeben - deutet Wittig an.

Wesentlicher Bestandteil von Repower sind die Stadtwerke. Deren Zukunft hängt nicht nur von unternehmerischen Planungen ab, sondern auch von der Energiepolitik in Berlin. Im kommenden Jahr sind Bundestagswahlen. "Keiner weiß, was danach in der Energiewende neu beschlossen wird", blickt Wittig nicht sorgenfrei in die Zukunft. Dennoch ist er überzeugt, dass die Abkehr von Kohle- und Atomstrom Sinn macht. "Wir arbeiten mit Nachdruck daran, mehr regenerative Energie einzusetzen." Der Bau des Fernwärmespeichers ist Beleg dafür, der Ausbau des Fernwärmenetzes ebenfalls. Technisch sei heute vieles möglich, aber "wir müssen auch schauen, was wirtschaftlich Sinn macht." Er könne sich vorstellen, Duisburg mit mehr Photovoltaikanlagen als heute auszustatten. Das Problem sei aber nach wie vor, "auch Speicherkapazitäten zu haben, die nach Bedarf in ausreichender Menge abrufbar sind". Energiegewinnung im Stadtgebiet aus Wind und Wasser sind (derzeit) aber kein Thema.

Vor gut einem Jahr hat die "Mutter" Stadt mit rund 176 Millionen Euro die Eigenkapitaldecke ihres DVV-Konzerns gestärkt. Dieses Geld, so hatte Wittig angekündigt, werde zurückfließen. Das Restrukturierungsprogramm ist wesentliche Voraussetzung dafür. Wittig ist zuversichtlich, dass die DVV ab 2019 ein positives Geschäftsergebnis erzielt, das dem städtischen Haushalt zu Gute kommt. Daran dürfe auch nichts ändern, wenn künftig die Dividendenzahlungen der Steag geringer ausfallen als kalkuliert. Bekanntlich hatten die Duisburger Stadtwerke unter der Leitung von Wittigs Vorgänger Janning gemeinsam mit anderen kommunalen Energieversorgern die Steag übernommen (Kaufpreis: 1,2 Milliarden Euro). Mit den Ausschüttungen, die im DVV-Finanzplan fest eingeplant sind, müssen die dafür aufgenommenen Kredite bedient werden. Wegen der Energiewende drohen die Dividenden stark einzubrechen. Wittig will auf Einhaltung der Verträge drängen, in denen anfangs Dividenden in Höhe von 80 Millionen Euro zugesagt worden waren. Eine Chance, dieses (inzwischen von vielen sehr kritisch gesehene) Geschäft rückabzuwickeln sieht er nicht.

(RP)
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