Zuwanderer in Duisburg Marxloh kämpft gegen Problemhäuser

Duisburg · Die Stadt Duisburg will möglichst alle Schrottimmobilien, in denen Zuwanderer leben, schließen lassen. Nur so könnte es mit Marxloh wieder aufwärts gehen.

 Leopoldine Thiel ist noch die einzige Einheimische in dem Mehrfamilienhaus in Duisburg-Marxloh. Die anderen Parteien stammen aus Südosteuropa. "Um uns kümmert sich ja niemand", sagt die 67-Jährige.

Leopoldine Thiel ist noch die einzige Einheimische in dem Mehrfamilienhaus in Duisburg-Marxloh. Die anderen Parteien stammen aus Südosteuropa. "Um uns kümmert sich ja niemand", sagt die 67-Jährige.

Foto: Christoph reichwein

Wenn Leopoldine Thiel aus dem Fenster ihrer Wohnung auf die Straße schaut, bekommt sie häufig schlechte Laune. "Da ist oft alles voller Müll", sagt sie. "Die schmeißen einfach alles auf die Straße", betont die 67-Jährige. Sie meint damit ihre Nachbarn, Zuwanderer aus Bulgarien. In ihrem Haus in Duisburg-Marxloh, in dem sie seit 2003 wohnt, sei sie mittlerweile die einzige Einheimische, die anderen fünf Mietparteien kämen alle aus Südosteuropa. "Sauberkeit und Ordnung, das kennen die nicht", meint die Rentnerin.

So wie das Haus, in dem Thiel wohnt, verkommen viele Gebäude in Marxloh. Die Kriminalität in dem Viertel ist eng verwoben mit den sogenannten Schrottimmobilien, in denen vor allem Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien untergebracht sind. Mehr als 18.000 sollen in Duisburg leben, die meisten von ihnen gehören der Volksgruppe der Roma an. Mit dem starken Zuzug aus Südosteuropa habe sich die Lage in den vergangenen fünf Jahren massiv verschärft, so Duisburgs Polizeipräsidentin Elke Bartels.

Nach Einschätzung der städtischen Behörden ist das Betreiben dieser Häuser ein lukratives Geschäftsmodell: Aufgekauft werden diese heruntergekommenen Mietskasernen oft bei Zwangsversteigerungen. Die neuen Eigentümer quartieren die Armutsflüchtlinge dann massenhaft ein. Zum Teil leben zehnköpfige Familien auf wenigen Quadratmetern zusammen. Ihre Sozialleistungen, die sie beziehen, behalten sie zum größten Teil nicht selbst ein, sondern überweisen sie auf andere Konten weiter. Über die Hintermänner und Besitzer dieser Konten ist wenig bekannt. Die Staatsanwaltschaft soll aber Ermittlungen aufgenommen haben.

In Marxloh gibt es 85 dieser "Problemhäuser", acht davon hat die Stadt in den vergangenen Wochen schließen und für unbewohnbar erklären lassen. Die Eingänge und Kellerfenster hat man anschließend mit Stahlplatten versperrt, damit niemand mehr reinkommt. "Es war Gefahr in Verzug. Der Brandschutz war nicht gegeben. Deshalb haben wir die Häuser für unbewohnbar erklärt" , sagt Duisburgs Rechtsdezernentin Daniela Lesmeister, die seit zwei Monaten die städtische Taskforce "Problemimmobilien" leitet und das kriminelle Geschäftsmodell zerschlagen will. "Denn es ist unfassbar, dass der Staat so ausgenutzt wird", sagt sie. In den acht Häusern, die sie bislang für unbewohnbar erklären konnte, habe sie immer ein unfassbares Elend vorgefunden. "Es war immer alles voll mit Ratten, Kakerlaken, Unrat und Exkrementen", berichtet sie.

 CDU-Landeschef Armin Laschet und Anwohner Jochen Merz.

CDU-Landeschef Armin Laschet und Anwohner Jochen Merz.

Foto: Christoph Reichwein

Unterstützung in ihrem Kampf gegen die "Problemhäuser" hat ihr CDU-Landeschef Armin Laschet signalisiert, der sich in dieser Woche selbst ein Bild von den Gegebenheiten in Marxloh verschafft hat. "Es ist gut, dass man diese Häuser stilllegt. Das entzieht denen, die dahinter stecken, die Geschäftsgrundlage", so Laschet. Damit dies aber schneller gehe, müsse das Land für Städte wie Duisburg bessere rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, damit die Kommunen härter durchgreifen könnten. "Wir brauchen für diese Fälle eine Null-Toleranz-Strategie", betont der Vorsitzende der CDU-Landeschef.

Einige Marxloher "Ureinwohner" haben ihrem Stadtteil bereits den Rücken gekehrt, weil sie es nicht mehr ausgehalten haben. "Ich musste meine Mutter letzte Woche ins Altenheim bringen lassen, weil die Südosteuropäer das ganze Haus verwüstet haben", sagt Gisela Dremel (Name geändert). Viele können aber nicht einfach weg, selbst wenn sie es wollten. Besonders Eigentümer. Denn die Wohnungen und Häuser im Duisburger Norden haben in den vergangenen Jahren immens an Wert verloren. "Ich habe für meine Wohnung mal 100.000 D-Mark bezahlt. Heute bekomme ich sie nicht einmal für 7000 Euro verkauft", sagt ein Anwohner.

Jochen Merz wohnt seit seiner Kindheit an der Kaiser-Wilhelm-Straße in Marxloh. Der 50-Jährige will bleiben, auch wenn er sich selbst nicht mehr überall in seinem Viertel alleine hintraut. "Es gibt keine Rücksichtnahme mehr, keinen Respekt. Wenn selbst Kinder auf parkenden Autos herumspringen und Spiegel abtreten, weil sie das lustig finden, und niemand dagegen vorgeht, läuft gewaltig etwas schief", sagt Merz. Die Polizei, sagt er, sehe er kaum noch auf den Straßen. Vor einem Jahr als Bundeskanzlerin Angela Merkel in Marxloh war, sei das noch anders gewesen. "In den Monaten nach ihrem Besuch standen Polizisten an fast jeder Ecke. Da fühlte man sich sicher."

Um das Sicherheitsgefühl der Bürger in dem Viertel zu verstärken, hat die Polizei gestern am "Pollmanneck" in Marxloh, einem besonderen Kriminalitätsschwerpunkt, eine Videoüberwachungsanlage in Betrieb genommen. Die Kameras werden nur an ausgewählten Wochentagen und zu bestimmten Uhrzeiten angeschaltet, die Polizei überwacht über Monitore in Wachen.

Eine solche Anlage würde sich auch Leopoldine Thiel auf ihrer Straße wünschen. "Aber um uns kümmert sich ja niemand", sagt sie.

(csh)
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