Duisburg "Maß für Maß" mit Bunga-Bunga

Duisburg · Der "Spieltrieb"-Jugendclub im Theater Duisburg hat "Maß für Maß", eine anspruchsvolle Tragikomödie über Machtmissbrauch von dem vor 400 Jahren gestorbenen William Shakespeare auf die Bühne im Foyer III gebracht.

 Szene aus der jüngsten Shakespeare-Produktion des Schauspiel-Jugendclubs mit (v.l.): Jule Pichler, Bashar Almurabh, Sebastian Götz und Marie-Kristin Pankrath.

Szene aus der jüngsten Shakespeare-Produktion des Schauspiel-Jugendclubs mit (v.l.): Jule Pichler, Bashar Almurabh, Sebastian Götz und Marie-Kristin Pankrath.

Foto: sascha kreklau (spieltrieb)

"Maß für Maß" ("Measure for Measure", 1604) ist eine anspruchsvolle Tragikomödie von dem vor 400 Jahren gestorbenen William Shakespeare. Der Titel ist ein Zitat aus der Bergpredigt in der Bibel, wo Jesus sagte: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet werden, und nach dem Maß, wie ihr messet und zuteilt, wird euch zugeteilt werden."

Kurz zum Inhalt: Mit laxer Milde und zuviel Nachsicht hat Herzog Vincentio in Wien lange Zeit regiert. Jetzt drohen Kriminalität und Prostitution überhand zu nehmen. Um dem Treiben Einhalt zu gebieten, überträgt der Herzog die Macht über Gesetz, Leben und Tod dem strengen Angelo, der die verlotterte Stadt wieder auf Kurs zu bringen verspricht. Die alten Gesetze sollen durchgesetzt, Politik wieder moralisch werden. Zu richten ist als Erstes über den Fall des Edelmannes Claudio. Angelo verurteilt ihn wegen Sex vor der der Ehe zum Tode. Als sich aber Claudios Schwester Isabella für ihren Bruder einsetzt, geraten Angelos Prinzipien ins Wanken. Er unterbreitet ihr ein unmoralisches Angebot: Das Todesurteil wird aufgehoben, wenn sie dafür mit ihm schläft.Für die strenggläubige Isabella ein tragisches Dilemma: Soll sie sich prostituieren, um ihren Bruder zu retten? Shakespeare lotet in "Maß für Maß" scharfsinnig die Grauzone zwischen moralischer Konsequenz und inhumaner Grausamkeit aus und liefert eine schonungslose Analyse der zwischenmenschlichen Dynamik im Umgang mit Macht. Keine der Figuren kommt aus diesem Stück unbeschädigt heraus - weder der Herzog, der sich aus politischem Kalkül nicht die Finger schmutzig machen will, noch Angelo, dessen gute Vorsätze sich wie von selbst in ihr monströses Gegenteil verkehren.

Jetzt hat der "Spieltrieb"-Jugendclub im Theater Duisburg diesen philosophischen und federleichten Klassiker auf die Nühne im Foyer III unterm Dach des Hauses gebracht. Gespielt wird der Text in einer Fassung der Regisseurin Kathrin Sievers auf Grundlage der Übersetzung von Marius von Mayenburg. Das ist nun eindeutig aktuell, mit Auftritten von Bunga-Bunga-Berlusconi & Co. sowie zeitgeistigen Sprechblasen à la "Takt- und Gefühlsmanagement". Die Welt ist ein Bordell, aber Gott liebt die Menschen trotzdem - so zugespitzt lässt sich die Inszenierung zusammenfassen.

Das ist ganz im Sinne des Autors, auch die typische Mischung aus Zoten und Poesie. Das spielen die 22 jungen Laiendarsteller bis zum Anschlag aus, allen voran Sibel Önder als allzu kluger Herzog, Tim Zielke als gutwilliger Diktator Angelo und Ceyda Bozkus als makellose Isabella. Herrlich nervig auch Marie-Kristin Pankrath als Puffmutter Madame Overdone oder Jule Pichler und Bashar Almurabh als verdoppelter Spaßmacher Lucio. Die ausverkaufte Premiere wurde heftig bejubelt.

Das ist eine Komödie, also geht alles gut aus. Oder? Wir wollen auch diesmal nicht alles verraten, sondern empfehlen den Besuch einer der folgenden Vorstellungen am 18., 20., 25., 28. und 30. April sowie am 4., 10., 18., 24. und 25. Mai. Karten und weitere Infos gibt es am einfachsten unter Telefon 0203 / 283 62 100.

"Spieltrieb" gibt Jugendlichen zwischen 17 und 23 Jahren die Möglichkeit, sich unter professioneller Anleitung mit dem Medium "Theater" auseinander zu setzen: vor, auf und hinter der Bühne. Geprobt wird an zwei Abenden in der Woche, dazu kommen Probeneinheiten an Wochenenden und in Ferienzeiten. Die nächste Premiere ist am 17. Juni "Eigengrau". Neue Projekte starten mit Kennenlerntagen am 1. und am 26. Juni.

(RP)
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