RP-Aktion Opernscouts Misstraut den Teufelskerlen!

Duisburg · Die von der Rheinoper und der RP eingeladenen Publikumsvertreter zeigten sich mehrheitlich nach der Premiere der Puccini-Oper "Madama Butterfly" von der Inszenierung, dem Orchester und den sängerischen Leistungen beeindruckt.

RP-Aktion Opernscouts: Besuch der Puccini-Oper „Madama Butterfly“
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Misstraut den Teufelskerlen!

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Foto: hans jörg michel

Eigentlich mochte sich Dr. Birgit Idelberger, die als Opernscout bei der Premiere von "Madama Butterfly" am Samstagabend im fast ausverkauften Duisburger Stadttheater dabei war, gar nicht vor Augen halten, welch furchtbare Themen in der berühmten Puccini-Oper behandelt werden: Verführung von Minderjährigen, Ehebetrug, Machtmissbrauch, Selbstmord, Kindsentzug. Aber sie sei dennoch "hingerissen von dem großartigen Opernabend". Ähnlich sahen es auch die meisten anderen Opernscouts, die sich unmittelbar nach der Premiere trafen und ihre ersten Eindrücke und Einschätzungen schilderten.

Opernscout Christoph Grätz zeigte sich emotional ergriffen. Bei der rund dreistündigen Aufführung sei der Spannungsbogen durchweg gehalten worden. Die Geschichte von dem amerikanischen Offizier, der die wahre Liebe einer sehr jungen japanischen Frau zunächst nur als erotisches Abenteuer ohne Konsequenzen versteht, sei auch heute noch bewegend. Im Stück komme sich der amerikanische Offizier Pinkerton wie ein Teufelskerl vor. In "Madama Butterfly" werde klar, dass Teufelskerle Feiglinge seien. "Deshalb kann ich Teufelskerle nicht leiden", so Christoph Grätz.

Großes Lob hatte Grätz, wie auch alle anderen Opernscouts, für die sängerischen Leistungen. Hervorgehoben wurden besonders Liana Aleksanyan, die als Gastsängerin vergleichsweise kurzfristig die Titelpartie übernommen hatte. Aber auch Eduardo Aladrén (Pinkerton) und Maria Kataeva (Dienerin Suzuki) konnten die von der Rheinoper und der Rheinischen Post eingeladenen Publikumsvertreter überzeugen. Auch der erst 28-jährige Dirigent Aziz Shokhakimov und mit ihm die Duisburger Philharmoniker bekamen von den Opernscouts durchweg Bestnoten.

Opernscout Stephanie Küthe musste sich nach der Aufführung erst einmal ein wenig "sortieren". Die traurige Geschichte von der betrogenen jungen Frau und Mutter, die glaubt, ihre Ehre nur durch einen ritualisierten Selbstmord wiedererlangen zu können, habe sie deprimiert. Zugleich sei sie fasziniert von dem "stimmigen Opernabend". Wie auch die meisten anderen der Scout-Gruppe fand sie die Inszenierung von Juan Anton Rechi und das Bühnenbild von Alfons Flores "überraschend, aber sinnvoll". Überraschend sei vor allem das Ende des ersten Aktes, wenn die Bühne nach dem Abschied des Offiziers Pinkerton in wenigen Augenblicken zu einer Ruinenlandschaft umgewandelt wird. Die Anspielung auf den Atombombenabwurf am 9. August 1945 auf die Stadt Nagasaki, dem Ort der Handlung in der 1904 entstandenen Oper, sei eine vertretbare Aktualisierung. Das Trümmerfeld sei auch ein Spiegel der Seelenlandschaft.

In der Scoutrunde kam auch zur Sprache, dass die Darstellerin der Titelpartie rein physisch nicht mit dem 15-jährigen Geisha-Mädchen, wie sie im Libretto beschrieben wird, übereinstimmt. Aber Liana Aleksanyan habe diese Diskrepanz durch ihre Darstellungs- und Gesangskunst schnell vergessen lassen, hieß es.

Dr. Kathrin Pilger zeigte sich nach der Aufführung besonders begeistert. Sie könne sich nicht vorstellen, dass man diese Oper noch besser aufführen kann. Jessica Gerhold fand auch die Längen im zweiten Akt richtig: Das Publikum erlebe den Zustand des sehnsuchtsvollen Wartens und Hoffens von Butterfly gewissermaßen mit.

Astrid Klooth gestand, dass sie mit der Puccini-Oper an sich Schwierigkeiten habe. "Das ist nicht meine Oper", meinte sie. Auch gefiel ihr nicht die "plakative Inszenierung" von Aziz Shokhkimov. Am Gesangsensemble hatte sich indes nichts auszusetzen.

Rouven Kasten fand den Abend okay, wünschte sich aber, dass auch mal Opern von jungen zeitgenössischen Komponisten gezeigt würden und nicht immer nur die üblichen Verdächtigen aus dem bekannten Repertoire.

(Rezension der Premiere von Wolfram Goertz auf der Seite Feuilleton)

(pk)
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