Duisburg Mit Kultur auf Tour durch Duisburg

Duisburg · Das Akzente-Programm lädt auch zum Streifzug zwischen Innen- und Binnenhafen ein.

 Giulia Arnold als "Sie" in dem eindrucksvollen, autobiografisch gefärbten Stück "Wiederherstellung" von Verena Meyer, das in der katholischen Familienbildungsstätte aufgeführt wurde.

Giulia Arnold als "Sie" in dem eindrucksvollen, autobiografisch gefärbten Stück "Wiederherstellung" von Verena Meyer, das in der katholischen Familienbildungsstätte aufgeführt wurde.

Foto: vm

Über Kunst, Literatur und Theater berichtet hier ein Streifzug, bei dem das bisherige Akzente-Programm zwischen Innenhafen und Binnenhafen im Mittelpunkt steht.

Der Samstag nach der Akzente-Eröffnung wurde von der Bildenden Kunst dominiert, ob im Lehmbruck Museum oder im Museum der Deutschen Binnenschifffahrt, ob im Stadtarchiv oder in der Liebfrauen Kulturkirche. Gleichzeitig feierten auch vier unterschiedlich arbeitende Künstler im Ludwigturm des Innenhafens eine gemeinsame, gut besuchte Vernissage. Die sehenswerte Gruppenausstellung ist noch in dieser Woche am Donnerstag und Freitag von 16 bis 19 Uhr sowie am Samstag und Sonntag von 14 bis 19 Uhr zu besichtigen.

Ganz wörtlich nimmt dabei die Objektkünstlerin und Haikudichterin Elke Frieding das diesjährige Akzente-Motto mit ihrem großformatigen 16-seitigen Buch der "Unwetterwarnung" und dem Titel: "Die reine Freude, jeden Tag blauer Himmel." Carolin Höbing hat indes eigens für die Akzente eine Skulpturenserie aus Holz und Tinte entworfen und dem Projekt den aufmunternden Titel "Umbrüche machen das Leben schöner" verliehen. Gezielt eingesetzte malerische Dissonanzen und unkontrollierbare Umbrüche prägen dagegen die Bilder, die Maler Axel Limpert unter dem Titel "awkward" ausgehängt hat. Und in der Rauminstallation "Tagesthemen" verbindet Lisa Lyskava dokumentarische Fernsehbilder mit einem Videomitschnitt einer Theaterperformance und Tonaufnahmen von Interviews zu einem Werk, das Flucht und Vertreibung zum Thema hat.

Szenenwechsel hin zu einer Art "Theater für die Ohren" ins Binnenschifffahrtsmuseum nach Ruhrort: Dort fand auf dem Unterdeck des Spielschiffes "Hermann" die szenische Lesung "Die Bergung" aus dem Erzählband "Wasserwelten" von Siegfried Lenz statt. In dem 1987 verfassten Dialogstück zwischen den Eheleuten Harry (gelesen von Axel Gottschick) und Doris (gelesen von Lena Sabine Berg) geht es um die Bergung ihres Frachters "Regina". Doch die abendliche Unterhaltung endet im Streit und dem Geständnis des besessenen und skrupellosen Bergungsunternehmers Harry, dass das Schiff infolge eines Unfalls gesunken sei. Als passenden Prolog dazu las Friederike Schmahl aus dem "Wasserwelten"-Kapitel "Die Wracks und die Taucher". Am Sonntag, 26. März, um 17 Uhr gibt es die wunderbar eingerichtete Lesung an gleicher Stelle noch einmal zu erleben.

Mit Theater ging es am Sonntag in der Familienbildungsstätte am Innenhafen dann weiter. "Wiederherstellung" lautet der Titel einer Aufführung, die Sandra Anklam eindrucksvoll in Szene gesetzt hat und von Giulia Arnold (als SIE) und Gabriele Avanzinelli (als ER) gespielt beziehungsweise mitunter auch gelesen wurde. Dieser "Monolog für eine Frau in vier Teilen", so der Untertitel der Textvorlage, wurde von Verena Meyer autobiografisch verfasst und eigens für die Akzente umgeschrieben. Das im Stil der vier Jahreszeiten dramaturgisch aufgebaute Werk erzählt die (wahre) Geschichte einer Frau, die an Krebs erkrankt ist. So wie Jahreszeiten atmosphärische Klimazustände deklarieren, bildet der Text das Auf und Ab ihrer Gemüts- und Körperzustände ab - von beklemmend bis befreiend: "Humor statt Tumor", schreit es aus ihr heraus. Dabei stößt sie einen übergroßen Ball, der ihren Tumor symbolisieren soll und stets zugegen ist auf der Bühne (wie im Leben der Betroffenen), von sich weg.

Nicht Lesung und Musik, auch nicht Lesung mit Musik, sondern Lesung auf Musik und umgekehrt war das Motto der experimentellen Literaturperformance am Sonntagabend in der vollbesetzten Szenekneipe "Zum Hübi" an der Horst-Schimanski-Gasse am Binnenhafen. Mit der Reihe "Sollbruchstellen und Abrisskanten" hat sich auch dieses Jahr das Kreativquartier Ruhrort wieder mit zahlreichen Veranstaltungen bei den Akzenten zu Wort gemeldet. Als "Poesie von der Hafenmündung" war die "Hübi"-Veranstaltung überschrieben und bot teils skurrile, teils derbe Texte sowie teils rockige, teils loungige Musik von Klaus Grospietsch und dem Trio Alio Loco, zu dem noch Dirk Schirok am Keyboard und Holger Schörken an der E-Gitarre gehören. Grospietsch las seine Lyrik und Lyriks, die jüngst im Duisburger CHORA Verlag Thomas Frahm unter dem Titel "Königspudel mögen keinen Jazz" erschienen sind, in seiner ihm eigenen Art: Er erfindet sich nämlich immer wieder neu.

(RP)
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