Prozess in Duisburg Morddrohungen gegen Rocker-Boss

Duisburg · Der Chef des Motorrad-Clubs Satudarah hat ein ehernes Gesetz gebrochen: Beim Prozess vor dem Landgericht in Duisburg hat er ein Geständnis abgelegt und Mittäter und Hintermänner belastet. Die Gang-Mitglieder schwören Rache.

Rocker-Präsident sagt aus und wird Kronzeuge
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Die Mitglieder des Rocker-Clubs Satudarah hatten an ihren Boss geglaubt. Im Netzwerk "Facebook" legten sie eine Seite mit dem Titel "Free Ali Osman" an. Die frühere Fan-Seite ist seit Dienstag zu einem Ventil für die enttäuschten Kuttenträger geworden. "Yildiray, Du bist so gut wie tot, Du Hund", lautet einer der Einträge.

Yildiray K. wird in Rockerkreisen Ali Osman genannt. Der Chef der Duisburger Satudarah-Gruppe war ein gefürchteter Anführer. Jetzt steht er auf der Todesliste seiner ehemaligen Kameraden. "Ali Osman" hat ein Tabu gebrochen. Bei der Verhandlung vor dem Duisburger Landgericht hat er nicht nur ein Geständnis abgelegt. Mit seiner weitreichenden Aussage hat er zudem Mittäter und Hintermänner preisgegeben. Als Gegenleistung soll er eine geringere Strafe bekommen. Die im Zuschauerraum anwesenden Satudarah-Mitglieder verließen schweigend und mit versteinerten Mienen den Saal, als der "Deal" bekannt wurde.

Neben Yildiray K. ist auch Vize-Boss Baris T. mitangeklagt. Der Vorsitzende Richter der sechsten großen Strafkammer teilte zu Beginn des zweiten Verhandlungstages im Duisburger Rockerprozess mit, dass sich die Verteidigung und Staatsanwaltschaft im Rahmen von "Rechtsgesprächen" im Anschluss an die erste Sitzung am vergangenen Freitag auf eine Verständigung geeinigt haben.

Auftakt des Rocker-Prozesses in Mönchengladbach
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Wegen ihrer Aussagebereitschaft sollen die Angeklagten einen Strafrabatt erhalten. Für Yildiray K. soll die Gesamtfreiheitsstrafe maximal sieben Jahre und sechs Monate betragen. Für Baris T. ist eine Verurteilung zu höchstens sechs Jahren und neun Monaten Haft vorgesehen. Baris T. ließ über seinen Verteidiger Ulrich Rimmel erklären, keine Dritten belasten zu wollen. Der ehemalige Satudarah-Präsident, Ali Osman, warb zunächst um Verständnis für sein Verhalten. "Nach meiner Festnahme habe ich sechs Monate geschwiegen und mich an den Rocker-Ehrenkodex gehalten", erklärte der 38-Jährige.

In der Haft habe er jedoch von einer lebensbedrohlichen Krankheit seines Sohnes erfahren. Da diesem zahlreiche Operationen bevorstünden und er für ihn da sein wolle, habe er sich entschieden, sein Schweigen zu den Vorwürfen zu brechen. "Ich hatte keine andere Wahl", erklärte der Hauptangeklagte.

Yildiray K. und Baris T. werden illegaler Drogen- und Waffengeschäfte zur Last gelegt. Yildiray K. räumte ein, von einem Anschlag auf einen Kiosk in Duisburg-Beeck im vergangenen Jahr gewusst zu haben. Ein Bekannter habe dem Inhaber der Bude wegen seiner Kontakte zu den verfeindeten "Hells Angels" in die Knie geschossen. Aus Angst, dass der Anschlag tödliche Folgen haben könnte, habe er dazu geraten, eine "symbolische Aktion" durchzuführen und die Fenster des Ladens zu zerschießen, behauptete "Ali Osman". Beide Angeklagte bestritten, in den Sprengstoffanschlag auf das Clubhaus der "Hells Angels" in Duisburg-Rheinhausen verwickelt zu sein.

Yildiray K. kündigte an, er wolle sich im Gefängnis einer Drogentherapie unterziehen und nach der Verbüßung seiner Strafe nicht wieder in die Rockerszene einsteigen. Das dürfte ohnehin nicht mehr möglich sein. Als Kronzeuge wird er nach seiner Entlassung mit einer neuen Identität leben müssen. Auch die Familie des ehemaligen Bandenchefs soll von der Polizei vor Racheakten geschützt werden. Eine Polizistin, die vor Gericht als Zeugin aussagte, erklärte, es sei "ein Novum, dass ein ehemaliger Präsident so nachhaltig auspackt".

Der Rockerklub Satudarah wurde in den Niederlanden gegründet. In Deutschland sprechen die Werber vor allem Migranten an. Der Prozess wird morgen mit der Vernehmung von Ermittlern fortgesetzt. Ein psychologischer Gutachter soll die Schuldfähigkeit des Hauptangeklagten beurteilen. Die Verteidigung rechnet damit, dass der Prozess in der nächsten Woche mit einem Urteilsspruch beendet wird. Bis dahin muss sich Yildiray K. auf einen Spießrutenlauf einstellen. "Ali Osman" wird nur noch mit schusssicherer Bekleidung zu den Terminen gebracht.

(RP)
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