Duisburg Muslimischer Blick auf den Holocaust

Duisburg · Am kommenden Dienstag wird der Dokumentarfilm "Junge Muslime in Auschwitz" präsentiert. Zehn Jugendliche erleben Judentum und Holocaust im Zwiespalt von Vorurteilen und eigenen Eindrücken.

 Szene aus dem Dokumentarfilm "Junge Muslime in Auschwitz". Die Teilnehmer der Gedenkstättenfahrt sind junge Muslime zwischen 18 und 21 Jahren mit türkischer, arabischer und kurdischer Zuwanderungsgeschichte.

Szene aus dem Dokumentarfilm "Junge Muslime in Auschwitz". Die Teilnehmer der Gedenkstättenfahrt sind junge Muslime zwischen 18 und 21 Jahren mit türkischer, arabischer und kurdischer Zuwanderungsgeschichte.

Foto: Filmforum

Dem Team die Wertschätzung entgegenzubringen, die es verdient hat - das möchte Oberbürgermeister Sören Link. Er setzte sich dafür ein, dass der Dokumentarfilm "Junge Muslime in Auschwitz" am kommenden Dienstag, 27. September, erstmals an die Öffentlichkeit gelangt.

Bereits seit 2011 wird unter dem Träger Jungs e.V. jährlich eine Gedenkstättenfahrt in das Konzentrationslager Auschwitz organisiert. Die Teilnehmer sind junge Muslime zwischen 18 und 21 Jahren mit türkischer, arabischer und kurdischer Zuwanderungsgeschichte. Im Oktober 2014 wurde die Gruppe von einem Kamerateam begleitet. Reaktionen, Empfindungen und Emotionen konnten in Bildern festgehalten werden.

"Einer der Teilnehmer hat sich die Frage gestellt, weshalb er sich mit dem Holocaust beschäftigen müsse, wenn ihm doch viele Menschen tagtäglich das Gefühl geben, nicht deutsch zu sein", erzählt Burak Yilmaz, Gruppenleiter des Integrationsprojektes "Heroes". Den Jugendlichen soll über die Befassung mit dem Nahost-Konflikt ein besserer Zugang zur NS-Geschichte ermöglicht werden. Dabei spielt die Biografiearbeit, die zu der intensiven Vorbereitungszeit gehört, eine wichtige Rolle. "Sie setzen sich mit ihrer eigenen Herkunft auseinander und merken, wie die Geschichte auf einmal an der eigenen Familie spürbar wird", sagt Yilmaz.

Der Dokumentarfilm zeigt, wie die jungen Männer gemeinsam mit Yilmaz und seiner Kollegin Susanne Reitemeier-Lohaus, Leiterin des Projektes "Heroes", drei bis vier Tage in dem Konzentrationslager verbringen. Ein zentraler Teil, um Emotionen zu verarbeiten, ist das Gruppentagebuch, was täglich geführt wird. Aus den Einträgen entsteht nach der Fahrt mit der Hilfe einer Theaterpädagogin ein Theaterstück. "Viele Jugendliche erleben das Thema ,Judentum' nur durch Vorurteile, die innerhalb der Familie verbreitet sind", sagt Dr. Andreas Pilger, Duisburger Archivdirektor und Projektleiter des Zentrums für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie. In dem Theaterstück können die jungen Männer jedoch Vorurteile, Judenhass und antijüdische Abneigung in muslimischen Communities verarbeiten.

Viele junge Männer, die an der Fahrt nach Auschwitz teilgenommen haben, sind mittlerweile Teil des Projektes "Heroes" geworden. Sie beschäftigen sich mit gesamtgesellschaftlichen Themen wie Gleichberechtigung, Gewalt und Unterdrückung. Vor allem aber haben sich viele von ihnen weiterhin mit Antisemitismus auseinandergesetzt. "Die Jugendlichen waren nach der Fahrt sehr bewegt. Sie hatten das Gefühl, das erste Mal als Deutsche wahrgenommen zu werden. Ihre Perspektive auf ihre Identität hat sich verändert", erklärt Reitemeier-Lohaus.

Doch nicht nur für die Teilnehmer ist dieses Projekt von großer Bedeutung. "Antisemitismus ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Wir wollen mit dem Film einen Erinnerungsdiskurs öffnen", sagt Yilmaz.

Im Anschluss an die Vorführung im Filmforum Duisburg am kommenden Dienstag, 18.30 Uhr, folgt eine Podiumsdiskussion, gemeinsam mit vier Teilnehmern der Auschwitzfahrt sowie Oberbürgermeister Link. Der Eintritt ist frei, doch werden Platzkarten ausgegeben.

Anmeldungen bis zum 26. September unter zfe@stadt-duisburg.de. Rückfragen zur Anmeldung direkt an das Zentrum für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie, Telefon 0203 2833670.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort