Duisburg Neue Musik - mal mehr poppig, mal eher streng

Duisburg · Am Campus Duisburg der Folkwang-Universität der Künste brachte das Wochenende frische Klänge.

Am Freitag brachte die Klavier-Klasse von Prof. Till Engel und Kai Schumacher zunächst "Pianotronics", also digitale Duos für Klavier und Elektronik. Die Elektronik sei "ein Kammermusikpartner mit null Kompromissfähigkeit", erklärte Kai Schumacher, "aber man lernt dabei eine ganze Menge." Neun besonders begabte junge Menschen spielten acht Werke von sechs Komponisten. Es ging um den mehr poppigen, ja sogar unterhaltenden Zweig der Neuen Musik - was komplexe kompositorische Strukturen und vor allem höchste pianistische Ansprüche nicht ausschloss. Das erste Stück des Abends, "The Body of your dreams", eine Satire auf den Fitnesswahn von dem 1951 geborenen Niederländer JacobTV (eigentlich Jacob Ter Veldhuis), war gleich ein typisches Beispiel - Mark Kantorovic konnte es natürlich nur mit Stirnband aufführen. Als stiller Kontrast kam danach das "Nocturne. Doubles" von dem Amerikaner Benjamin Broening, Jahrgang 1967, wie eine Mischung aus Claude Debussy, Karlheinz Stockhausen und Brian Eno, von Yulin Ou sehr subtil hingelegt.

Kai Schumacher hatte sich den "Electric Counterpoint" von dem 1936 geborenen Steve Reich - das ist ein "Hit" der Minimal Music und im Original für 12 E-Gitarren und zwei E-Bässe beziehungsweise E-Gitarre mit Elektronik - selbst für Klavier zurechtgelegt. Unbedingt erwähnt werden müssen noch die beiden raffinierten Stücke des 1971 geborenen Franzosen Pierre Jodlowski: die schlackenlose "Série blanche" und die von Pornographie inspirierte "Série rose", hier mit ebenso klangschönem wie kompromisslosem Einsatz vorgebracht von Pin-Lien Wang beziehungsweise Mirela Zhulali.

Am Samstag war dann die eher strenge Observanz der Neuen Musik an der Reihe, denn wie in jedem Semester einmal (die RP berichtete) hieß es wieder "Frische Klänge extra", diesmal einstudiert von den Professorinnen Barbara Maurer und Susanne Achilles sowie nicht zuletzt von dem Professor Günter Steinke. Diesmal waren es nicht weniger als 18 besonders begabte junge Menschen, die gleichfalls acht Werke von in diesem Fall ebenso vielen Komponisten aufführten. "Wir fangen heute mit dem Applaus an", erklärte Barbara Maurer, denn zu Beginn marschierten zehn Studierende in Zweierreihen auf die Bühne, um die "Clapping Music" (1972) von Steve Reich aufzuführen. Die fünf Notenständer waren so hinter einander aufgestellt, dass alle die junge Dame in der ersten Reihe sehen konnten, die zwischendurch ein Zeichen gab, zum nächsten Klatsch-Pattern überzugehen. Tilman Wolf erhellte jene Klaviersonate op. 1 (1909) von Alban Berg, die in h-Moll beginnt und endet, zwischendurch aber Luft von anderen Planeten atmet.

Liangyi Chen (Violoncello) und Yun Ling (Akkordeon) gaben eine kongeniale Aufführung des stimmungsvollen Intermezzo (1988) von Isang Yun.

(RP)
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