Duisburg Noch lange nicht reif für die Rockerrente

Duisburg · "Rocken bis qualmt" ist das Motto der aktuellen Tournee von Herbert Knebels Affentheater. Und die vier Herren im Rentenalter ließen es jetzt bei ihrem Auftritt im Theater am Marientor tatsächlich so richtig qualmen.

Für Georg Göbel-Jakobi war es ein Heimspiel. "Der Tiger von Duisburg-Neudorf", wie Uwe Lyko alias Herbert Knebel seinen Gitarristen nennt, ist so etwas wie der heimliche Star des Abends. Ozzy Ostermann, wie er genannt wird, wirkt mit seinem filzigen Toupet, das ihn im Handumdrehen in einen Monchichi verwandelt, der beigen Altherrenhose und seinen unmodischen Hawaiihemden eher wie der personifizierte Gegenentwurf eines charismatischen Rockstars. Doch der bekennende MSV-Fan sprüht einmal mehr vor Spielfreude. Zusammen mit Lyko (Gitarre/Gesang), dem Bassisten Martin Breuer alias Ernst Pichl und dem Drummer Detlef Hinze, genannt "der Trainer" rockt das muntere Quartett, was das Zeug hält. Begleitet werden sie von den Bläsern Henjek und Stenjek von den "Popolskis".

Der Abend wird zu einem Parforceritt durch die Klassiker der Rockgeschichte - natürlich alle mit deutschen Texten. Die Besucher im TaM, viele bereits selbst in Nähe des Rentenalters angelangt, werden so an die Hits ihrer Jugend in den 60er und 70er Jahren erinnert, als Rockmusik noch solides Handwerk war. Die eingängigen Rhythmen und bekannten Melodien verleiten ganz schnell zum Mitwippen und Mitklatschen.

Das wird schon zu Anfang deutlich, als der Status-Quo-Klassiker "Whatever you want" gekonnt verballhornt wird: "Was immer jetzt kommt, ihr habt es gewollt, ihr seid ja mit'm Pkw hierhin gerollt." In der Tat wissen die meisten, was sie erwartet. Schließlich ist das Programm so etwas wie die musikalische Essenz aus 30 Jahren Liveauftritten. Dass Ozzy Ostermann auch Chuck Berrys "Duck Walk" beherrscht, demonstriert er bei "Johnny B. Goode" ("Go Ozzy, go, go"). Herbert Knebel bezeichnet das als "Symbiose von Ausdruckstanz und Hammerwerfen" - durchaus zutreffend. Dabei ist Herbert Knebels Affentheater mehr als eine perfekte Coverband. Der in Neumühl geborene Uwe Lyko nimmt sich bei "Rocken bis qualmt" zurück, verzichtet auf die bekannten Rentnertiraden und beschränkt sich auf urkomische Überleitungen zwischen den Titeln. "Wild thing" von den Troggs, so berichtet Knebel, habe er sich früher immer in der Eisdiele aus der "Juckbox" ausgesucht. Um für die jüngeren Besucher gleich zu erklären: "Eine Juckbox, das ist ein 100 Kilo schweres ipod."

Musikalisch sind die Herren häufig dicht am Original, egal ob bei "I heard it through the grapevine" (Ich schlachte gleich mein Sparschwein") oder AC/DCs "Highway to hell" (Auf'm Heimweg zu schnell), Deep Purples "Smoke on the water" ("Rauch ausse Wohnung") oder dem alten Dylan-Song "Knocking on heaven's door" ("Nackig am Baggerloch") . Und als Ozzy Ostermann bei der Zugabe fragt: "Seid ihr bereit für den King?", da wissen die Fans, was kommt: Herbert Knebel als Elvis, der im albernen weißen Outfit des King of Rock'n'Roll "Suspicious minds" intoniert. Auch wenn der breite Gürtel eher als Bruchband herhalten muss und der Kniefall auf der Bühne schon beim Zuschauen Schmerzen bereitet. "Hat einer Salbe dabei?", fragt die Elvis-Reinkarnation dann auch folgerichtig. Die meisten kennen diesen Part schon aus dem Fernsehen - und trotzdem ist es immer wieder aufs Neue sehens- und hörenswert.

Ein überaus unterhaltsamer Abend. Schade, dass im TaM als Musicaltheater der Funke nicht so überspringen kann, wie es in einem intimeren Rahmen möglich gewesen wäre. Aber wer in rot-plüschigen Sesseln sitzt, kommt halt nicht so schnell aus sich heraus, wie es die musikalischen Partyrocker eigentlich verdient gehabt hätten. Trotzdem: Wer nicht dabei war, der hat definitiv etwas verpasst.

Gleich zu Beginn hatte Herbert Knebel "einen Strauß bunter Melodeien" versprochen, "die man so auch nicht jeden Abend hören möchte". Ja, aber - warum eigentlich nicht?

(RP)
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