Duisburg Ohne Gurt und mit Handy am Steuer

Duisburg · Am Sittardsberg schaute der ACE gestern genau hin. Sein Interesse galt den Gurtmuffeln, von denen es immer noch viele gibt - und das auch vier Jahrzehnte nach Einführung der Anschnallpflicht.

 Jörg Starke, Tolga Kaya und Theo Küpper (v.l.) bei der Verkehrszählung am Sittardsberg.

Jörg Starke, Tolga Kaya und Theo Küpper (v.l.) bei der Verkehrszählung am Sittardsberg.

Foto: Christoph Reichwein

Vor 40 Jahren gewöhnungsbedürftig, heute nicht mehr wegzudenken: der Gurt im Auto. Für den Autoclub ACE war dieses "Jubiläum" gestern Grund für eine Aktion am Sittardsberg in Buchholz. Begleitet wurden die Mitglieder dabei von Sarah Philipp, SPD-Landtagsabgeordnete.

1976 wurde die Anschnallpflicht mit Widerständen durchgesetzt. Autofahrer weigerten sich, den Gurt anzulegen, hatten Angst um ihre Sicherheit (bzw. dass sie nach einem Unfall nicht abschnallen könnten, um auszusteigen) und um Knitterfalten auf dem Oberhemd. Manche sprachen von einem Eingriff in die persönliche Freiheit, andere fühlten sich gefesselte und verwiesen auf ihre Platzangst. Doch alle Ausflüchte halfen nicht. Zwar sollte inzwischen jeder gelernt haben, dass es ohne Gurt im Auto nicht geht, dennoch erwischt die Polizei immer wieder Gurtmuffel.

Der ACE hatte gestern seine Aktion unter das Motto gestellt: "Komm Gurt an". An der Kreuzung Sittardsberger Allee/Düsseldorfer Straße positionierte er sich und zählte. Ergebnis nach einer Stunde: In 415 erfassten Fahrzeugen (Pkw und Lkw) waren 25 Fahrer nicht angeschnallt. Das sind rund sechs Prozent.

ACE Kreisvorsitzende Jörg Stärke ist überrascht. "Alleine 50 Prozent der Lkw-Fahrer fuhren ohne Gurt", sagt er. Dies sei möglicherweise auf die Befreiung von der Anschnallpflicht bei Berufsfahrern zurückzuführen. Denn weder Taxifahrer, noch Lkw-Fahrer müssen sich anschnallen. Aber auch mancher Pkw-Fahrer hatte sich nicht angeschnallt und Glück, dass er nur vom ACE und nicht von der Polizei erfasst wurde. Denn wer ohne Gurt erwischt wird, muss ein Bußgeld in Höhe von 30 Euro zahlen. Ist ein unangeschnalltes Kind im Pkw sind es 60 Euro und ein Punkt in Flensburg. Diese besonders hohe Strafe scheint jedoch nicht immer und nicht jeden abzuschrecken: 20 Prozent der Opfer bei Verkehrsunfällen waren laut bundesweiter Statistik nicht angeschnallt.

Erschreckend ist nach Ansicht von Stärke aber nicht nur, dass Autofahrer den Gurt nicht anlegen, sondern noch mehr, wie sehr die Fahrer von ihrem Smartphone abgelenkt sind. Jede zweite Minute fuhr jemand vorbei, der das Handy am Ohr oder in der Hand hielt.

Sarah Phillip, SPD-Landtagsabgeordnete im Duisburger Süden, gehört mit 33 Jahren zu der Generation, die mit dem Gurt im Auto groß geworden ist. In einer Zeit, in der über autonomes Autofahren geredet wird und in der Jeder wissen sollte, wie gefährlich es ist, mit dem Handy am Steuer zu sitzen, hat sie für Gurtmuffel kein Verständnis. Der Gurt sei bei den meisten Unfällen der größte Lebensretter, sei doch allgemein bekannt. "Selbst bei Geschwindigkeiten von 30 Kilometer pro Stunde ist die Gefahr sehr groß, sich bei einem Aufprall lebensgefährlich zu verletzten", sagt Tolga Kaya, ACE Regionalbeauftragte. Dennoch unterschätzten viele Fahrer die Gefahr und schnallten sich zum Beispiel beim Ein- oder Ausparken sowie in 30er Zonen gar nicht an.

Die Ergebnisse der ACE-Aktion, die im gesamten Bundesgebiet stattfindet, werden gesammelt ausgewertet und im September veröffentlicht.

(RP)
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