Duisburg Prägnante Sternstunde der Chormusik

Duisburg · Das Kultensemble ChorWerk Ruhr führte im jüngsten, dritten Kammerkonzert in der gut gefüllten Philharmonie Mercatorhalle die beiden bedeutendsten geistlichen Werke von Johannes Brahms in vorbildlicher Weise auf.

 Das Kultensemble ChorWerk Ruhr bewies durchaus Gänsehaut-Qualität.

Das Kultensemble ChorWerk Ruhr bewies durchaus Gänsehaut-Qualität.

Foto: pedro Malinowski

Im dunklen Monat November stellt man sich schon mal die Frage nach dem Sinn menschlichen Leidens. Johannes Brahms (1833-1897) tat das in seinen beiden bedeutendsten geistlichen Werken, deren deutsche Texte er sich selbst aus der Bibel zusammenstellte und in denen Christus als der Erlöser so weit wie möglich vermieden wird, in denen es aber viel Gottvertrauen und noch mehr Trost gibt. Das eine ist die Motette für gemischten Chor a cappella "Warum ist das Licht gegeben den Mühseligen" op. 74 Nr. 1 (1879), musikalisch ausgehend von Johann Sebastian Bach. Sinnigerweise griff Brahms darin auf das "Agnus Dei", das "Benedictus" und das "Dona nobis pacem" - also gerade die am meistens auf Christus bezogenen Teile - einer frühen eigenen Messe zurück, nämlich der 1856 konzipierten und dann verworfenen "Missa canonica" WoO 18. Das andere ist Brahms' Durchbruchswerk "Ein deutsches Requiem" für Soli, Chor und Orchester op. 45 (1861-68), musikalisch ausgehend von Heinrich Schütz. Brahms selbst hatte bereits eine vierhändige Klavierfassung dieses Werkes erstellt, die einer schöpferischen Neugestaltung nahekommt und 1871 in London aufgeführt wurde. Das Duo d'Accord erstellte jedoch für die jetzige Aufführung eine eigene, ganz neue Transkription für zwei Klaviere, mussten Lucia Huang und Sebastian Euler doch feststellen, dass die vierhändige Brahms-Fassung sie gerade gar nicht inspirierte. Brahms selber hatte nicht wirklich Interesse daran gehabt und sie tatsächlich "nur" des Geldes wegen hergestellt. Später distanzierte er sich sogar davon. Ein Clou der neuen Fassung mit zwei Klavieren liegt darin, dass der zweite der sieben Sätze des Requiems "Denn alles Fleisch, es ist wie Gras" zurückgeht auf das Scherzo einer Sonate für zwei Klaviere, die Brahms 1856 komponierte, als er vom Tod Robert Schumanns berührt wurde.

Das Chorwerk Ruhr führte diese beiden Chorwerke jetzt in Duisburg mit nur 29 Stimmen unter seinem Leiter Florian Helgath in vorbildlich prägnanter Weise auf.

Das wirkte nicht nur äußerst durchsichtig und lebendig, mehr als sonst vor allem im sechsten Satz "Denn wir haben hie keine bleibende Statt", das hatte auch durch den überwältigenden Wohlklang durchaus Gänsehaut-Qualität.

Selbst für das eigentlich immer erstklassige Kultensemble war das eine Sternstunde der Chormusik, auch weil der Gesamtklang perfekt in die Akustik der Philharmonie Mercatorhalle passte. Gut, dass auch die beiden Gesangs-Solisten dem außerordentlichen Niveau der Aufführung entsprachen, die Sopranistin Johanna Winkel im fünften Satz "Ihr habt nun Traurigkeit" und mehr noch der Bariton Thomas E. Bauer, insbesondere im dritten Satz "Herr, lehre doch mich, dass ein Ende mit mir haben muss". Das Duo d'Accord versuchte gar nicht erst, ein Orchester zu imitieren, sondern verließ sich zu Recht auf seine enormen pianistischen Qualitäten.

Das nächste Kammerkonzert am Freitag, 15. Dezember, um 19 Uhr, ist ein "Piano Extra". Die Folkwang-Professorin Hisako Kawamura und ihr 1994 in Lettland geborener Meisterschüler Georg Kjurdian spielen dann Werke von Ludwig van Beethoven und vor allem Frédéric Chopin. Karten gibt es am einfachsten im Internet unter karten@theater-duisburg.de oder auch telefonisch unter 0203/ 28362100.

(hod)
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